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BMWi
Rechtsgutachten Monopolkommission
Plattformökonomie
Gesetz über Digitale Märkte /Digital Markets Act (DMA)

Das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) hat am 21. September 2021 ein von ihm beauftragtes Rechtsgutachten über die Rechtsgrundlage des Vorschlags eines Gesetzes über Digitale Märkte (Digital Markets Act, DMA) veröffentlicht. Es trägt den Titel „Article 114 TFEU as a Legal Basis for Strengthened Control of Acquisitions by Digital Gatekeepers“ und wurde von den Rechtsprofessoren Jens-Uwe Franck (Universität Mannheim), Giorgio Monti (Tilburg Universität) und Alexandre de Streel (Universität von Namur) erstellt.

Dieses Rechtsgutachten untersucht die Möglichkeit, eine schärfere Zusammenschlusskontrolle über Übernahmen und Erwerbe der Gatekeeper auf Artikel 114 AEUV (Rechtsgrundlage des DMA) zu stützen, ohne eine Änderung der EU-Fusionskontrollverordnung (Einstimmigkeitsprinzip) vornehmen zu müssen. 

Die Autoren kommen in dem Gutachten zu dem Schluss, dass der Verordnungsvorschlag der EU-Kommission zum DMA noch nicht weitgehend genug sei, um systematische Aufkäufe von kleineren Start-Ups durch die digitalen Gatekeeper zu unterbinden. In dem Gutachten werden folglich vier mögliche Optionen für eine Reform auf EU-Ebene zur besseren Überprüfung von sog. „Killer-Akquisitionen“ näher untersucht.  

  • Die erste Option erfordert keine Änderung des geltenden Rechts und wurde von der Kommission bereits umgesetzt. Diese Option erscheint den Gutachtern allerdings nicht als ideal, da zum einen nicht klar sei, ob eine solche Ausweitung der Verweisungsmöglichkeiten mit Artikel 22 FKVO vereinbar sei und ob es oft zu Verweisungen seitens der Mitgliedstaaten kommen werde. 
  • Die drei anderen Optionen erfordern eine Änderung des geltenden EU-Rechts, entweder durch den Erlass neuer Regelungen (im DMA oder im separaten Sekundärrecht) oder durch Änderungen der bestehenden Regelungen in der FKVO. Die Gutachter untersuchten im weiteren Verlauf des Gutachtens, ob diese Änderungen auf Artikel 114 AEUV gestützt werden können. Sie kommen zu dem Schluss, dass die zweite Option (d. h. die Annahme einer neuen Meldeschwelle im DMA ohne Änderung der FKVO) auf der Grundlage von Artikel 114 AEUV rechtlich durchführbar wäre, da sie die Fragmentierung des digitalen Binnenmarkts infolge der unterschiedlichen nationalen Fusionskontrollregelungen verhindern und das Funktionieren des Binnenmarktes verbessern würde. Außerdem wäre es rechtlich möglich, eine neue Anmeldeschwelle festzulegen, ohne die FKVO zu ändern. 
  • Darüber hinaus kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass die dritte Option (d. h. die Änderung der FKVO) auch gemäß Artikel 114 AEUV durchführbar wäre. Die Fusionskontrollverordnung sei auf der Grundlage der Artikel 103 und 352 AEUV (vormals Artikel 87 und 235 EWG) erlassen worden, und zwar – wie die Gutachter meinen – aus historischen Gründen, die mit der umfassenden Anwendung von Artikel 352 AEUV und dem Nicht vorhandenen Artikel 114 AEUV in den 1970er Jahren, als die Fusionskontrollverordnung  erstmals konzipiert wurde, zusammenhängen. Der Gesetzgeber sei jedoch nicht verpflichtet, die ursprüngliche Rechtsgrundlage beizubehalten, wenn er das sekundäre EU-Recht ändert. Er könne (mit Artikel 114 AEUV) eine neue Rechtsgrundlage wählen, sofern die Voraussetzungen und Bedingungen für die Verwendung einer neuen Rechtsgrundlage bei der Änderung der Rechtsvorschriften erfüllt seien. Die Gutachter versuchen in der „Legal Opinion“ aufzuzeigen, dass diese Bedingungen erfüllt seien, da eine Reform der Fusionskontrolle eindeutig zur Verwirklichung des Binnenmarktes beitrage. Eine Reform der Fusionskontrollverordnung, die den Risiken für Wettbewerb und Innovation bei Übernahmen durch digitale Gatekeeper besser Rechnung tragen würde, könne ihrer Ansicht nach auf Artikel 114 AEUV gestützt werden, möglicherweise in Ergänzung mit Artikel 103 AEUV.   
  • Schließlich kommt das Gutachten zu dem Schluss, dass die vierte Option (d.h. die Einführung einer neuen spezifischen Fusionskontrolle im DMA ohne Änderung der EUMR) ebenfalls auf Artikel 114 AEUV gestützt werden könne. Eine solche spezifische Regelung könne ebenfalls die Gefahr einer Fragmentierung verhindern. 

Die Gutachter sprechen sich schließlich für die Optionen 2 bis 4 aus. Wörtlich heißt es in der Legal Opinion (S. 6): 

Ultimately, we conclude that, of the four policy options to strengthen the control of acquisitions by digital gatekeepers, the first option – which is favoured by the Commission – is probably the least robust in law and in practice. The three other options are preferable as they ensure a one-stop shop and they could be based on Article 114 TFEU as interpreted by the Court of Justice. It is then a political choice to decide among those three options. They can also be used sequentially. For instance, the second option could be implemented immediately in the context of the DMA negotiations. Then, the third or fourth option could be implemented later in the context of a more comprehensive review of EU merger control once the lessons learned from applying merger control to the acquisition of nascent competitors by digital gatekeepers have provided helpful experience that could be broadened to a wider range of concentrations. 

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