BMWK
Studie
Datenzugang
Kartellrecht
Fusionskontrolle
Studie: 20221026-data-access-and-sharing-in-germany-and-in-the-eu.pdf (bmwk.de)
Am 26. Oktober 2022 hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) eine von ihm beauftragte Studie zum rechtlichen Rahmen des Datenzugangs in der EU und in Deutschland in Auftrag veröffentlicht. Die Studie (mit Datum vom 8. Juli 2022) trägt den Titel “Data access and sharing in Germany and in the EU: Towards a coherent legal framework for the emerging data economy – A legal, economic and competition policy angle”. Studienersteller sind Prof. Dr. Heike Schweitzer, Prof. Dr. Axel Metzger, Prof. Dr. Knut Blind, Dr. Heiko Richter, Dr. Crispin Niebel und Frederik Gutmann.
Die in englischer Sprache erschienene Studie beleuchtet auf 308 Seiten, ob der sich mit den letzten europäischen und nationalen Initiativen abzeichnende Rechtsrahmen (z. B. Data Governance Act, der Digital Markets Act, der Entwurf eines Data Act, §§ 19 Abs. 2 Nr. 4, 20 Abs. 1a und 19a GWB) die Erreichung des Ziels erleichtert, gesetzliche Datenzugangsrechte zu schaffen, wenn dies zum Schutz des Wettbewerbs erforderlich sei.
Die Studie enthält vielfältige Ergebnisse und Handlungsempfehlungen, die in abgekürzter Form auch in einer deutschen Zusammenfassung (S. 14 bis 30) aufgelistet werden.
Zu den Wettbewerbsaspekten äußern sich die Studienersteller wie folgt:
Im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht besteht aus Sicht der Studie gegenwärtig kein Anlass für eine Änderung der §§ 19, 20 GWB im Hinblick auf den Datenzugang. Es gelte, die in der 10. GWB-Novelle vollzogenen Änderungen erst einmal einer gründlichen Ex-post-Evaluation zu unterziehen („evidenzbasiertes Kartellrecht“). Datenkooperationen sollten mit mehr Rechtssicherheit ausgestattet werden, allerdings sei es noch zu früh für eine „Daten-GVO“. Zwischenzeitlich sollten Präzedenzfälle herangezogen werden und die informelle Beratungspraxis bei innovativen Datenkooperationen auch auf europäischer Ebene gestärkt werden. Die überarbeitete Mitteilung zur informellen Beratung der EU-Kommission schöpfe das Potenzial einer stärker kooperativ angelegten Durchsetzung in diesem Bereich längst nicht aus.
Im Bereich der Fusionskontrolle wird empfohlen, das derzeitige Fusionskontrollsystem im Hinblick auf datengetriebene Märkte und digitale Ökosysteme zu aktualisieren und zu stärken. Die Schwelle für die Anmeldepflicht des § 35 Abs. 1a Nr. 3 GWB solle von 400 Mio. EUR auf z. B. 200 Mio. EUR abgesenkt werden, um die Anzahl der Transaktionen zu erhöhen, die unter die deutsche Fusionskontrolle fallen. Dadurch sollten auch Verweisungen nach Art. 22 FKVO an die Europäische Kommission vermieden werden. Geprüft werden solle auch eine Änderung der materiell-rechtlichen Regeln der Fusionskontrolle im Hinblick auf Vorhaben, an denen Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für Wettbewerb nach § 19a Abs. 1 GWB beteiligt seien. In solchen Fällen sollten die Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf das gesamte „Ökosystem geprüft werden. Es sei zu erwägen ist, ob eine Beschränkung wirksamen Wettbewerbs bereits dann angenommen werden könne, wenn ein angemeldetes Vorhaben einem Unternehmen nach § 19a Abs. 1 GWB den Erwerb von mehr oder neuen Daten ermögliche oder die Datenerhebung effizienter gestalte. Die Gutachter empfehlen der Bundesregierung zudem, sich auf europäischer Ebene für eine Reform der FKVO einzusetzen und bei datenbezogenen Fusionen, an denen marktstarke Unternehmen beteiligt sind, nur strukturelle Abhilfemaßnahmen zuzulassen.
Die Effektivität der Datenzugangsverpflichtungen (und insbesondere der Datenportabilitätsverpflichtungen) des DMA werde von deren wirksamen Implementierung abhängen. Es sei dafür notwendig, einen offenen und partizipativen Standardisierungsprozess für die Entwicklung von Datenformaten und offenen Schnittstellen sicherzustellen, die Funktionsfähigkeit und die Auswirkungen der Standards zu überwachen und sicherzustellen, dass sie flexibel angepasst werden können. § 19a Abs. 2 S. 1 Nr. 5 GWB könne nach Ansicht der Gutachter neben dem DMA eine Rolle spielen, wenn es um die Portabilität von Daten bei der Nutzung von Diensten gehe, die keine zentralen Plattformdienste i.S.d. DMA sind (oder wenn § 19a GWB Normadressaten benennt, die keine Gatekeeper im Sinne des DMA sind). Für diese Fälle müsse man Verfahren zur Konkretisierung der Anforderungen an die Datenportabilität entwickeln.
Darüber hinaus empfiehlt die Studie, Datenintermediäre kohärent in die Rechtsakte der EU und der Mitgliedstaaten einzubinden und ihre Rolle zu klären. Hierbei könnte die Gestaltung von Datenschutzvorschriften zur wirksamen Integration von Datenintermediären in die Marktordnung für den Datenaustausch sowie eine bessere Abstimmung von Datenintermediären mit dem Vertragsrecht und den FRAND-Grundsätzen helfen.
Studie: 20221026-data-access-and-sharing-in-germany-and-in-the-eu.pdf (bmwk.de)
Am 26. Oktober 2022 hat das Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) eine von ihm beauftragte Studie zum rechtlichen Rahmen des Datenzugangs in der EU und in Deutschland in Auftrag veröffentlicht. Die Studie (mit Datum vom 8. Juli 2022) trägt den Titel “Data access and sharing in Germany and in the EU: Towards a coherent legal framework for the emerging data economy – A legal, economic and competition policy angle”. Studienersteller sind Prof. Dr. Heike Schweitzer, Prof. Dr. Axel Metzger, Prof. Dr. Knut Blind, Dr. Heiko Richter, Dr. Crispin Niebel und Frederik Gutmann.
Die in englischer Sprache erschienene Studie beleuchtet auf 308 Seiten, ob der sich mit den letzten europäischen und nationalen Initiativen abzeichnende Rechtsrahmen (z. B. Data Governance Act, der Digital Markets Act, der Entwurf eines Data Act, §§ 19 Abs. 2 Nr. 4, 20 Abs. 1a und 19a GWB) die Erreichung des Ziels erleichtert, gesetzliche Datenzugangsrechte zu schaffen, wenn dies zum Schutz des Wettbewerbs erforderlich sei.
Die Studie enthält vielfältige Ergebnisse und Handlungsempfehlungen, die in abgekürzter Form auch in einer deutschen Zusammenfassung (S. 14 bis 30) aufgelistet werden.
Zu den Wettbewerbsaspekten äußern sich die Studienersteller wie folgt:
Im Hinblick auf das Wettbewerbsrecht besteht aus Sicht der Studie gegenwärtig kein Anlass für eine Änderung der §§ 19, 20 GWB im Hinblick auf den Datenzugang. Es gelte, die in der 10. GWB-Novelle vollzogenen Änderungen erst einmal einer gründlichen Ex-post-Evaluation zu unterziehen („evidenzbasiertes Kartellrecht“). Datenkooperationen sollten mit mehr Rechtssicherheit ausgestattet werden, allerdings sei es noch zu früh für eine „Daten-GVO“. Zwischenzeitlich sollten Präzedenzfälle herangezogen werden und die informelle Beratungspraxis bei innovativen Datenkooperationen auch auf europäischer Ebene gestärkt werden. Die überarbeitete Mitteilung zur informellen Beratung der EU-Kommission schöpfe das Potenzial einer stärker kooperativ angelegten Durchsetzung in diesem Bereich längst nicht aus.
Im Bereich der Fusionskontrolle wird empfohlen, das derzeitige Fusionskontrollsystem im Hinblick auf datengetriebene Märkte und digitale Ökosysteme zu aktualisieren und zu stärken. Die Schwelle für die Anmeldepflicht des § 35 Abs. 1a Nr. 3 GWB solle von 400 Mio. EUR auf z. B. 200 Mio. EUR abgesenkt werden, um die Anzahl der Transaktionen zu erhöhen, die unter die deutsche Fusionskontrolle fallen. Dadurch sollten auch Verweisungen nach Art. 22 FKVO an die Europäische Kommission vermieden werden. Geprüft werden solle auch eine Änderung der materiell-rechtlichen Regeln der Fusionskontrolle im Hinblick auf Vorhaben, an denen Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für Wettbewerb nach § 19a Abs. 1 GWB beteiligt seien. In solchen Fällen sollten die Auswirkungen eines Zusammenschlusses auf das gesamte „Ökosystem geprüft werden. Es sei zu erwägen ist, ob eine Beschränkung wirksamen Wettbewerbs bereits dann angenommen werden könne, wenn ein angemeldetes Vorhaben einem Unternehmen nach § 19a Abs. 1 GWB den Erwerb von mehr oder neuen Daten ermögliche oder die Datenerhebung effizienter gestalte. Die Gutachter empfehlen der Bundesregierung zudem, sich auf europäischer Ebene für eine Reform der FKVO einzusetzen und bei datenbezogenen Fusionen, an denen marktstarke Unternehmen beteiligt sind, nur strukturelle Abhilfemaßnahmen zuzulassen.
Die Effektivität der Datenzugangsverpflichtungen (und insbesondere der Datenportabilitätsverpflichtungen) des DMA werde von deren wirksamen Implementierung abhängen. Es sei dafür notwendig, einen offenen und partizipativen Standardisierungsprozess für die Entwicklung von Datenformaten und offenen Schnittstellen sicherzustellen, die Funktionsfähigkeit und die Auswirkungen der Standards zu überwachen und sicherzustellen, dass sie flexibel angepasst werden können. § 19a Abs. 2 S. 1 Nr. 5 GWB könne nach Ansicht der Gutachter neben dem DMA eine Rolle spielen, wenn es um die Portabilität von Daten bei der Nutzung von Diensten gehe, die keine zentralen Plattformdienste i.S.d. DMA sind (oder wenn § 19a GWB Normadressaten benennt, die keine Gatekeeper im Sinne des DMA sind). Für diese Fälle müsse man Verfahren zur Konkretisierung der Anforderungen an die Datenportabilität entwickeln.
Darüber hinaus empfiehlt die Studie, Datenintermediäre kohärent in die Rechtsakte der EU und der Mitgliedstaaten einzubinden und ihre Rolle zu klären. Hierbei könnte die Gestaltung von Datenschutzvorschriften zur wirksamen Integration von Datenintermediären in die Marktordnung für den Datenaustausch sowie eine bessere Abstimmung von Datenintermediären mit dem Vertragsrecht und den FRAND-Grundsätzen helfen.