Rat
EP
Trilog
Plattformökonomie
DMA
Presseerklärungen von Rat, EP und EU-Kommission:
Digital Markets Act: Commission welcomes political agreement (europa.eu)
Die Unterhändler des Rats und des Europäischen Parlaments haben am 25. März 2022 (in den frühen Nachtstunden) eine vorläufige politische Einigung über den Rechtsakt über digitale Märkte (DMA) erzielt. Der Text soll in den nächsten Tagen ausgefertigt werden. Die vorläufige Einigung bedarf noch der offiziellen Zustimmung des Rates und des Europäischen Parlaments. Die Verordnung muss innerhalb von sechs Monaten nach ihrem Inkrafttreten umgesetzt werden.
Bis zur Einigung gab es noch einige umstrittene Themen (vgl. dazu auch FIW-Bericht vom 25.03.22). Bei den quantitativen Schwellenwerte, die den „Gatekeeper“-Status bestimmen, lagen Rat und Europäischen Parlament bis zuletzt noch auseinander. Jetzt wurde anscheinend ein Kompromiss gefunden. Der Pressemitteilung des Rats (Quelle oben angegeben) sind folgende Änderungen auf den letzten Metern zu entnehmen:
„Gatekeeper“-Status
Der Rat und das Europäische Parlament haben sich darauf geeinigt, dass eine Plattform nur dann als Gatekeeper gelten kann, wenn sie entweder in den letzten drei Jahren einen Jahresumsatz von mindestens 7,5 Mrd. Euro [EP zuvor: 8 Mrd. Euro/Rat: 6,5 Mrd. Euro] in der EU erzielt hat oder eine Marktbewertung von mindestens 75 Mrd. Euro [EP zuvor: 80 Mrd. Euro/Rat: 65 Mrd. EUR] aufweist, und wenn sie mindestens 45 Millionen monatliche Endnutzer und mindestens 10 000 geschäftliche Nutzer in der EU hat.
Die Plattform muss außerdem einen oder mehrere zentrale Plattformdienste in mindestens drei Mitgliedstaaten kontrollieren. Zu diesen zentralen Plattformdiensten gehören Marktplätze und App-Stores, Suchmaschinen, soziale Netzwerke, Cloud-Dienste, Werbedienste, Sprachassistenten (neu) und Webbrowser (neu). Vernetzte TV-Geräte (Forderung des EP) wurden nicht aufgenommen.
Nach wie vor ist auch die Kategorie der „aufstrebenden Gatekeeper“ vorgesehen, die es der Kommission ermöglicht, Unternehmen, deren Wettbewerbsposition zwar erwiesen, aber noch nicht nachhaltig ist, bestimmte Verpflichtungen aufzuerlegen.
„Gatekeeper“-Verpflichtungen
Gatekeeper müssen
- sicherstellen, dass die Nutzer das Recht haben, sich unter ähnlichen Bedingungen wie bei einem Abonnement von den wichtigsten Plattformdiensten abzumelden,
- sicherstellen, dass wichtige Software (z. B. Webbrowser) nicht standardmäßig bei der Installation des Betriebssystems verlangt wird,
- die Interoperabilität der Grundfunktionen ihrer Instant-Messaging-Dienste zu gewährleisten (EP hatte auch Interoperabilität von sozialen Netzwerken gefordert),
- App-Entwicklern einen fairen Zugang zu den Zusatzfunktionen von Smartphones (z. B. NFC-Chip) ermöglichen,
- Verkäufern Zugang zu ihren Marketing- oder Werbedaten auf der Plattform gewähren,
- die Europäische Kommission über ihre Übernahmen und Fusionen informieren.
Sie dürfen nicht:
- ihre eigenen Produkte oder Dienstleistungen höher einstufen als die von anderen (Selbstreferenzierung),
- private Daten, die während eines Dienstes gesammelt wurden, für einen anderen Dienst wiederverwenden, es sei denn die Nutzer willigen ausdrücklich ein,
- unfaire Bedingungen für geschäftliche Nutzer festlegen,
- bestimmte Softwareanwendungen vorinstallieren und Bündelungspraktiken vollziehen,
- App-Entwickler verpflichten, bestimmte Dienste (z. B. Zahlungssysteme oder Identitätsanbieter) zu nutzen, um in App-Stores gelistet zu werden.
Sanktionen:
Bei einem Verstoß gegen die Regelungen des DMA können dem Gatekeeper Geldbußen von bis zu 10 % seines weltweiten Gesamtumsatzes auferlegt werden. Im Wiederholungsfall kann eine Geldbuße von bis zu 20 % seines weltweiten Umsatzes verhängt werden (erzielter Kompromiss im Hinblick auf weitergehende Forderungen des EP). Zudem können bei systematischen Verstößen auch Fusionen für einen bestimmten Zeitraum untersagt werden.
Hält sich ein Gatekeeper systematisch nicht an die DMA, d. h. verstößt er innerhalb von acht Jahren mindestens dreimal gegen die Vorschriften, kann die Europäische Kommission eine Marktuntersuchung einleiten und erforderlichenfalls verhaltensbezogene oder strukturelle Abhilfemaßnahmen auferlegen.
Durchsetzung des DMA:
Die EU-Kommission bleibt einzige Durchsetzungsinstanz der Verordnung. Sie kann beschließen, einen Regulierungsdialog zu führen, um sicherzustellen, dass die Gatekeeper die Regeln, die sie einhalten müssen, klar verstehen, und um deren Anwendung erforderlichenfalls zu präzisieren.
Ein beratender Ausschuss und eine hochrangige Gruppe werden eingesetzt, um die Arbeit der Europäischen Kommission zu unterstützen und zu erleichtern. Die Mitgliedstaaten werden die nationalen Wettbewerbsbehörden ermächtigen können, Untersuchungen über mögliche Verstöße einzuleiten und ihre Ergebnisse der Kommission zu übermitteln. Dem Vernehmen nach erhält die EU-Kommission ein Vetorecht gegen Urteile nationaler Gerichte (vgl. dazu FIW-Bericht vom 25.03.22).