DOJ-Leitfaden für die Bewertung von kartellrechtlichen Compliance-Programmen
Leitfaden: Evaluation of Corporate Compliance Programs in Criminal Antitrust Investigations
Am 14. November 2024 hat das US-Justizministeriums (DOJ) einen Leitfaden für die Bewertung von kartellrechtlichen Compliance-Programmen der Unternehmen veröffentlicht. Der Leitfaden wird bei der Bewertung der Angemessenheit und Wirksamkeit von entsprechenden Kartellrechtsprogrammen herangezogen, wenn eine Entscheidung über Bußgeldentscheidungen vorbereitet wird. Ein „effektives“ Kartellrechts-Compliance-Programm kann – anders als zumindest grundsätzlich – in den USA zu einer erheblichen Bußgeldreduzierung führen (vgl. dazu folgenden FIW-Bericht: DOJ läutet Paradigmenwechsel zur Anerkennung von Compliance-Programmen im Kartellrecht ein – FIW Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung).
Der Leitfaden enthält die wesentlichen Elemente eines wirksamen Kartellrechts-Compliance-Programms. Er richtet sich an Unternehmen, Staatsanwälte und Anwälte. Er orientiert sich an den drei Fragen:
– Ist das Compliance-Programm des Unternehmens gut konzipiert?
– Wird das Programm ernsthaft und in gutem Glauben („good faith“) angewandt
– Verfügt das Programm über ausreichende Mittel und Befugnisse, um effektiv zu funktionieren?
– Funktioniert das Compliance-Programm des Unternehmens in der Praxis?
Die Wirksamkeit eines Compliance-Programms wird anhand der folgenden neun Elemente bewertet: Aufbau und Vollständigkeit, Kultur der Einhaltung, Verantwortung für das Compliance-Programm, Risikobewertung, Schulung und Kommunikation, regelmäßige Überprüfung, Überwachung und Audits, vertrauliche Meldestruktur und Ermittlungsverfahren, Anreize und Disziplinarmaßnahmen, Abhilfemaßnahmen und Rolle des Compliance-Programms bei der Aufdeckung von Verstößen.
Im Hinblick auf die Gestaltung und den Umfang ist zum Beispiel wichtig, wie oft das Programm aktualisiert wird und ob Mitarbeiter Schulungen erhalten, um in der Lage zu sein, potenzielle Kartellrechtsverstöße zu erkennen. Die Leitlinien betonen auch die Bedeutung der Aufbewahrung von Dokumenten. Essenziell ist, dass die oberste Führungsebene eines Unternehmens – einschließlich des Vorstands und der Führungskräfte – sich zur Einhaltung des Kartellrechts im Unternehmen bekennen und die Einhaltung in der Belegschaft einfordern („tone from the top“). Ziel ist es, die Mitarbeiter von der Verpflichtung des Unternehmens zur Einhaltung des Kartellrechts zu überzeugen.
Des Weiteren wird im Leitfaden dargelegt, wie die U.S. Sentencing Guidelines (U.S.S.G.) wirksame Compliance-Programme anrechnen, was zu erheblichen Bußgeldminderungen für Unternehmen führen kann.