Designierte neue Wettbewerbskommissarin: Ribera zur Vorbereitung ihrer Parlamentsanhörung
ribera_writtenquestionsandanswers_en.pdf
In Vorbereitung der Anhörungen der designierten neuen Kommissare im Europäischen Parlament, die am 4. November 2024 beginnen werden, haben die Kommissarskandidaten bereits auf erste schriftliche Fragen des Parlamentes geantwortet. Die Antworten der einzelnen Kandidaten können unter Confirmation hearings for the European Commission abgerufen werden. Aus den Antworten der designierten neuen Wettbewerbskommissarin
(offiziell „Executive Vice President for Clean, Just and Competitive Transition“) Teresa Ribera lassen sich folgende drei Prioritäten in der Wettbewerbspolitik ableiten:
- Erstens sollen die Prozesse deutlich vereinfacht und beschleunigt werden. Dazu gehören die Vereinfachung der Bedingungen für die Genehmigung von staatlichen Beihilfen und die Verkürzung von Kartelluntersuchungen.
- Zweitens soll die Durchsetzung des Wettbewerbsrechts gestärkt und gezielter eingesetzt werden. Maßnahmen sollten sich in erster Linie auf die wettbewerbsverzerrendsten Beihilfemaßnahmen oder Geschäftspraktiken konzentrieren. Im Gegenzug will Ribera den Bürokratieaufwand im Falle unproblematischer staatlicher Beihilfen senken und die wettbewerbsfördernde Kooperation zwischen Unternehmen erleichtern.
- Drittens soll die Wettbewerbspolitik noch besser auf die Prioritäten der EU abgestimmt werden. Dazu gehören der Clean Industrial Deal für eine nachhaltige und wettbewerbsfähige europäische Wirtschaft und die Vertiefung des Binnenmarktes. Wichtig in dem Zusammenhang ist auch die Förderung von Investitionen durch eine effiziente Kombination privater, europäischer und nationaler Finanzmittel.
Einzelne Politikbereiche:
Staatliche Beihilfen: Neben der Vereinfachung und Beschleunigung der Prüfverfahren für staatliche Beihilfen wird Ribera im Rahmen des geplanten Clean Industrial Deal einen neuen Beihilferahmen vorlegen, der auf den Erfahrungen des „Temporary Crisis and Transition Frameworks“ aufbauen wird und folgende Ziele verfolgt: 1) weitere Beschleunigung des Ausbaus der erneuerbaren Energien, 2) Förderung der industriellen Dekarbonisierung und der Energieeffizienz, insbesondere in energieintensiven Sektoren, und 3) Sicherstellung ausreichender Produktionskapazitäten für saubere Technologien in Europa, insbesondere dort, wo die Gefahr besteht, dass entsprechende Investitionen aufgrund der in Drittländern verfügbaren Subventionen außerhalb der EU verlagert werden. Dabei will Ribera sicherstellen, dass die Kohäsionsziele und die Integrität des Binnenmarktes gewahrt bleiben, und einen Subventionswettlauf zwischen den Mitgliedstaaten vermeiden.
Die EU-Fusionskontrolle soll Entwicklungen und Erfordernissen wie Globalisierung, Digitalisierung, Nachhaltigkeit, Innovation und Resilienz gerecht zu werden. Ribera will -unter Zugrundlegung des Mission Letters von Kommissionspräsidentin Von der Leyen – Ribera dazu, die Leitlinien für horizontale Zusammenschlüsse zu überprüfen. Ziel ist es, sicherzustellen, dass die Fusionskontrolle den Bedürfnissen der EU-Wirtschaft das richtige Gewicht verleiht und die allgemeinen politischen Ziele und die Marktrealitäten, einschließlich möglicher Effizienzgewinne, widerspiegelt. Dabei sollen Innovation, Investitionen und Resilienz zu den wichtigsten Faktoren gehören. Außerdem will Ribera eine Lösung finden, um sicherzustellen, dass „Killer-Acquisitions“ von Zielunternehmen mit geringem oder gar keinem Umsatz, aber hohem Wettbewerbs- und Innovationspotenzial, nicht der Prüfung nach den EU-Fusionskontrollvorschriften entgehen.
New Competition Tool: Ribera äußert sich verhalten dahingehend, dass darüber nachgedacht werden sollte, wie ein solches Instrument strukturelle Probleme in bestimmten Bereichen ermitteln und auf ressourceneffiziente Weise sinnvoll angehen könnte. Dabei dürfe ein neues Instrument weder die Durchsetzung von Verstößen gegen die bestehenden Wettbewerbsregeln schwächen noch die Vorhersehbarkeit für die Unternehmen wesentlich beeinträchtigen.
Ribera kündigt aber auch an, dass sie intensiv gegen die Ausnutzung von inflationsbedingten Schocksituationen vorgehen will, etwa wenn Marktteilnehmer die Preise über das Wettbewerbsniveau hinaus erhöhen oder die Preise künstlich hochhalten, selbst wenn sich die Marktbedingungen wieder normalisieren und die Preise wieder sinken sollten. Dies sei insbesondere von Bedeutung auf Schlüsselmärkten, die von einer übermäßigen Abhängigkeit von einem oder wenigen Anbietern bedroht sind.
Important Projects of Common European Interest: IPCEI seien wichtige Instrumente. Die IPCEI-Vorschriften förderten die Kofinanzierung nationaler Maßnahmen mit EU-Mitteln und könnten von den im Rahmen der Plattform für Strategische Technologien für Europa (STEP) umgewidmeten Mitteln profitieren. Der künftige European Competitiveness Fund sollte IPCEI unterstützen.
Ribera will auch dafür sorgen, dass neue Instrumente wie der Digital Markets Act und die Foreign Subsidies-Verordnung wirksam durchgesetzt werden.