DMA: EU-Kommission hat Workshops mit Gatekeepern durchgeführt und Verfahren eröffnet
EU-Kommission
Plattformökonomie
Gatekeeper
Digital Markets Act
Workships der Gatekeeper: DMA Events (europa.eu)
Verfahrenseröffnung: Digital Markets Act: EU-Kommission eröffnet Verfahren gegen Apple, Meta und Alphabet (handelsblatt.com)
Die EU-Kommission hat vom 18. bis 26. März 2024 mehrere Workshops durchgeführt, in denen die von der Kommission benannten Gatekeeper Apple, Meta, Amazon, Alphabet, ByteDance und Microsoft ihre Compliance-Strategien zur Erfüllung der Auflagen aus dem Digital Markets Act (DMA) gemäß Art. 11 und 15 des Gesetzes vorgestellt haben. Die Unternehmensberichte zur Umsetzung des DMA wurden zuvor am 7. März 2024 veröffentlicht (vgl. dazu auch die FIW-Berichte vom 07.03.24, 10.09.23, 26.05.23 und 10.11.22). Interessierte Stakeholder konnten im Rahmen der Workshops Rückfragen zu den technischen Lösungen der Gatekeeper und ihrer Umsetzung stellen und dazu Feedback geben.
Im Fokus der Workshops stand insbesondere die Erfüllung der Verpflichtungen aus Artikel 5 und 6 DMA durch die Gatekeeper. Eine Zusammenfassung der Ergebnisse ist auf den Seiten des Kluwer Competition Law Blog (KCLB) zu finden, welcher Informationen und Nachrichten zum internationalen Wettbewerbs- und Kartellrecht veröffentlicht.
Wesentliche Themen der Workshops im Einzelnen:
Apple präsentierte in seinem Workshop unter anderem seine technischen Lösungen zur Erfüllung der Anforderungen nach Art. 6 Abs. 3 DMA. Demnach muss der Gatekeeper den Endnutzern gestatten und sie technisch in die Lage versetzen, Softwareanwendungen auf dem Betriebssystem des Gatekeepers problemlos zu deinstallieren. Apple habe deshalb bei der Erstverwendung seines Standardbrowsers Safari einen Auswahlbildschirm implementiert. Auf diesem könne zwischen zwölf verschiedenen Browsern als Standardbrowser gewählt werden, sodass nicht zwingend Safari genutzt werden müsse. Die Vertreter von Apple stellten außerdem eine Umgestaltung des App-Vertriebs (Artt. 5 Abs. 4, 6 Abs. 4, 6 Abs. 12 DMA) durch das Unternehmen vor. Beispielsweise könnten Nutzer Apps weiterhin über den Apple-Store erwerben, jedoch auch direkt über das Web herunterladen oder einen alternativen App-Marktplatz nutzen. Apple’s DMA Compliance Workshop – The Power of No: Breaking Apart the Bundle? – Kluwer Competition Law Blog
Die wesentlichen Erkenntnisse aus dem Workshop mit Meta waren die Einführung einer „pay-or-OK“-Regelung, die Zustimmungserfordernisse hinsichtlich der Datenkombination zwischen verschiedenen Kernplattformdiensten und die Möglichkeit vorsieht, auf Messenger zuzugreifen, ohne bei Facebook registriert zu sein. Hinsichtlich der Verpflichtungen nach Artt. 5 Abs. 9 und 10, 6 Abs. 8 DMA für mehr Transparenz in Bezug auf Interventionen innerhalb Metas digitaler Werbetechnologie zu sorgen merkte Meta an, dass Werbetreibende bereits sehen könnten, was ihnen berechnet werde, wenn sie ihre Anzeigen direkt auf den Diensten des Gatekeepers, wie Facebook oder Instagram, schalten. (Meta’s DMA Compliance Workshop – The Power of No: Making Perfectly Rational Choices – Kluwer Competition Law Blog)
Amazon präsentierte Lösungen zur Erfüllung des Art. 5 Abs. 2 DMA, bei der Amazon nun eine Zustimmung zur Datenkombination fordert. Art. 5 Abs. 2b DMA enthält beispielsweise das Verbot, personenbezogene Daten aus dem betreffenden Kernplattformdienst mit personenbezogenen Daten aus weiteren Kernplattformdiensten zu kombinieren.
Zur Einhaltung von Art. 6 Abs. 9 DMA (Portabilität) und Art. 6 Abs. 10 DMA (Echtzeitzugang zu aggregierten und nicht aggregierten Daten) habe Amazon, ähnlich wie Apple, zwei verschiedene Tools entwickelt. Mittels Portability-API könne Amazon Dritten die Möglichkeit geben, Daten von Endnutzern nach deren Genehmigung zu übertragen. Das Transfer-Your-Data-Portal ermögliche Kunden, eine Kopie ihrer Daten herunterzuladen. Darüber hinaus bestätigte Amazon, beim Ranking von Produkten nur objektive und relevante Kriterien anzuwenden und somit Art. 6 Abs. 5 DMA (keine Selbstbevorzogung) einzuhalten. Amazon’s DMA Compliance Workshop – The Power of No: Customer-Obsessed Pathos – Kluwer Competition Law Blog
Der Workshop mit Alphabet war aufgrund des Umfangs an vom DMA betroffenen Kernplattformdiensten der umfangreichste. Der Gatekeeper stellte seine technischen Lösungen zur Erfüllung der Verpflichtungen nach Art. 6 Abs. 3 DMA (Möglichkeit zur Deinstallierung von Software-Anwendungen) vor. Alphabet habe eine Funktion entwickelt, mittels derer die Suchmaschine oder Browseranwendungen gewechselt werden können. Daneben plane Alphabet zur Erfüllung des Art. 6 Abs. 11 DMA (Zugang zu Ranking-, Anfrage-, Klick- und Ansichtsdaten) vierteljährlich Datensätze mit mehr als einer Milliarde verschiedener Suchanfragen von Endnutzern aus den 30 EWR-Ländern zu übermitteln. Darüber hinaus präsentierten die Vertreter des Konzerns Lösungen zur Anzeige bei Suchergebnissen in Bezug auf vertikale Suchdienste und Direktanbieter (Art. 6 Abs. 5 DMA). Beispielsweise habe Alphabet alle Fälle eliminiert, in denen vertikale Suchdienste über einen direkten Link mit den Suchdiensten des Gatekeepers verknüpft sind, wie bspw. Google Hotels oder Google Flights. Insgesamt hätten viele Stakeholder kritisiert, dass Alphabet die Vorschriften unzureichend umgesetzt habe (insbesondere fehle eine Lösung für Google Shopping und für CSS). Alphabet’s DMA Compliance Workshop – The Power of No: A Gargantuan Task Ahead and a Dual Role in Balancing Interests – Kluwer Competition Law Blog
Wie beim Apple-Workshop stand die Einhaltung von Art. 6 Abs. 9 und Art. 6 Abs. 10 DMA im Workshop mit ByteDance im Vordergrund. ByteDance machte geltend, dass es Art. 6 Abs. 10 DMA bereits einhalte, indem seine Analysefunktionen den Geschäftsnutzern bereits Zugang zu detaillierten Daten über ihre Interaktionen und das Engagement der Nutzer in der App ermöglichten. In Bezug auf Art. 6 Abs. 9 DMA verpflichtet sich der Gatekeeper, allen Nutzern die Möglichkeit zu geben, ihre Daten zur Portabilität anzufordern. Die Gatekeeper hätten sich zudem verpflichtet, regelmäßig mit relevanten Datenanbietern in Kontakt zu treten und den Datenfluss zu gewährleisten.
Die Einhaltung von Art. 6 Abs. 3 DMA wurde im Workshop mit Microsoft erörtert. Microsoft stellte dar, dass es bei der Einführung seines Edge Browsers eine Funktion eingeführt hat, die es Endnutzern ermögliche, leicht zwischen verschiedenen Standardbrowsern zu wechseln. Die Option werde dabei vor der Erstnutzung deutlich präsentiert. Microsoft bekräftigte zudem seine Verpflichtung zur Einhaltung der Transparenzverpflichtungen in Bezug auf die Verwendung der Daten seiner Nutzer (Art. 6 Abs. 10 DMA). Die Stakeholder äußerten allerdings Bedenken hinsichtlich der Kooperationsbereitschaft von Microsoft, da das Unternehmen nicht nur einen Standardbrowser anbiete, sondern auch den Edge-Browser in den Wettbewerb mit Google Chrome stelle. Microsoft’s DMA Compliance Workshop – The Power of No: Environmental Commitments While Chasing Markets – Kluwer Competition Law Blog
Verfahrenseröffnungen durch die EU-Kommission
Nach der Durchführung der DMA-Workshops hat die EU-Kommission bereits am 25. März 2024 Verfahren gegen Apple, Meta und Alphabet eröffnet. In diesen soll geprüft werden, ob die von den Konzernen in den Workshops präsentierten Lösungen unzureichend seien und jene gegen die Vorschriften des DMA verstoßen. Damit möchte die EU-Kommission auch hervorheben, dass die Einhaltung des DMA durch die Gatekeeper für sie von hoher Relevanz ist. So kritisiert die EU-Kommission beispielsweise, dass Nutzer von Facebook und Instagram für die Dienste zahlen müssen, wenn sie keine personalisierte Werbung erhalten möchten. Der DMA sieht vor, dass trotz einer Ablehnung die Dienste weiterhin kostenlos bleiben müssen. Hinsichtlich der Lösungen von Apple möchte die Kommission überprüfen, ob Apple-Nutzer tatsächlich die Möglichkeit haben, ihre Standardeinstellungen einfach zu ändern. Auch sei die Bevorzugung von eigenen Angeboten wie der Foto-App, die sich nicht deinstallieren lasse, nicht mit dem DMA vereinbar.