Kommission
Beihilfenpolitik
Sektoruntersuchung
Kapazitätsmechanismen
Die EU-Kommission hat am 30. November 2016 den Abschlussbericht ihrer beihilferechtlichen Sektoruntersuchung zu Stromkapazitätsmechanismen und ein begleitendes Arbeitspapier veröffentlicht. Die Sektoruntersuchung war im April 2015 eingeleitet worden, um Informationen über national bestehende oder geplante Kapazitätsmechanismen zu sammeln und zu prüfen, ob diese eine ausreichende Stromversorgung gewährleisten, ohne den Wettbewerb oder den Handel in der Europäischen Union zu verzerren (vgl. FIW-Bericht vom 02.05.15). Im April 2016 hatte die Kommission bereits erste Zwischenergebnisse veröffentlicht (vgl. FIW-Bericht vom 19.04.16).
Hintergrund:
Mit dieser Sektoruntersuchung – der ersten im Beihilfenrecht – sollte insbesondere geprüft werden, ob mit den jeweiligen Kapazitätsmechanismen eine ausreichende Stromversorgung gewährleistet wird, ohne den Wettbewerb oder den Handel im EU-Binnenmarkt zu verzerren. Die Möglichkeit für Sektoruntersuchungen im Beihilfenrecht wurde durch die Verordnung Nr. 734/2013 des Rates vom 22. Juli 2013 zur Änderung der Verordnung Nr. 659/1999 (Verfahrensverordnung) erst eingeführt.
Die Sektoruntersuchung bezog sich auf 11 Mitgliedstaaten, darunter Deutschland. Die Kommission hat 35 ehemalige, aktuell bestehende oder geplante Kapazitätsmechanismen untersucht. Diese bestehen zum Großteil aus selektiven Mechanismen, die nur bestimmten Betreibern zugutekommen, wie strategischen Reserven, bei denen bestimmte Kraftwerke dafür bezahlt werden, dass sie im Bedarfsfall ans Netz gehen. Unter den Kapazitätsmechanismen, die aktuell noch in Planung sind, überwiegen dagegen marktweite Mechanismen. Daneben bestehen auch Lastmanagementregelungen, wie Abschaltregelungen. Die Kommission kritisiert, dass die untersuchten Mitgliedstaaten in vielen Fällen Kapazitätsmechanismen entworfen hätten, ohne ausreichend zu überprüfen, ob die Versorgungssicherheit auf dem betreffenden Markt überhaupt gefährdet sei und welches Versorgungsniveau erreicht werden müsse.
Acht Schlussfolgerungen der Kommission im Abschlussbericht (S. 20-23 des Berichts:
Trotz der in der EU vorhandenen Überkapazitäten besteht die Sorge, dass aktuell oder in Zukunft keine angemessene Versorgungssicherheit gewährleistet ist.
Diese Sorge lässt sich durch Reformen des Strommarkts ausräumen. In den meisten Mitgliedstaaten stehen angemessene Reformen jedoch noch aus. Das so genannte Winterpaket der Kommission enthält Reformvorschläge zur Verbesserung der Funktionsweise der Strommärkte in der EU. Die Kommission wird die Mitgliedstaaten verpflichten, parallel zur Einführung von neuen Kapazitätsmechanismen die entsprechenden Reformen umzusetzen.
Kapazitätsmechanismen beinhalten staatliche Beihilfen und müssen im Rahmen der Beihilfevorschriften bei der Europäischen Kommission angemeldet werden. Relevant sind in diesem Zusammenhang insbesondere die Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen 2014. Kapazitätsmechanismen werden genehmigt, wenn Mitgliedstaaten ihre Notwendigkeit nachweisen können und wenn die durch sie hervorgerufenen Wettbewerbsverzerrungen gemäß den Binnenmarkt- und Beihilfevorschriften auf ein Minimum beschränkt werden.
Um Überkapazitäten zu verhindern, wird die Kommission bei der Prüfung der beihilferechtlichen Zulässigkeit eine strenge Angemessenheitsbewertung vornehmen. Ein weiterer Vorschlag lautet, vom Europäischen Netz der Übertragungsnetzbetreiber (Strom) jährlich Angemessenheitsbewertungen durchführen zu lassen.
Daneben wird die Kommission die Geeignetheit des gewählten Kapazitätsmechanismus für das jeweilige Problem prüfen. Sofern langfristig die Gefahr unzureichender Investitionen gesehen wird, stellen grundsätzlich marktweite Kapazitätsmechanismen die geeignetste Variante dar. Bei vorübergehenden Risiken kann dagegen als Übergangsmaßnahme bis zum Inkrafttreten der parallel vorzunehmenden Marktreformen eine strategische Reserve geeigneter sein. Unabhängig davon, was für ein Kapazitätsmechanismus gewählt wird, sollte regelmäßig überprüft werden, ob dieser nach wie vor erforderlich ist.
Kapazitätsmechanismen müssen allen potenziellen Kapazitätsanbietern offenstehen und die für die Kapazität gezahlte Vergütung muss grundsätzlich in einem wettbewerblichen Verfahren festgesetzt werden.
Im Falle marktweiter Kapazitätsmechanismen müssen grenzübergreifende Beteiligungen möglich sein.
Einige bestehende Kapazitätsmechanismen tragen nicht allen wettbewerbsrechtlichen Bedenken Rechnung. Die Kommission wird gemeinsam mit den Mitgliedstaaten alle bestehenden Kapazitätsmechanismen schrittweise mit den Beihilfevorschriften in Einklang bringen.