Band 259
XVIII, 333 (72,- €)
ISBN: 978-3-452-28819-6
Unverändert genießt das Aufbrechen von Kartellen bei den Kartellbehörden höchste Priorität. Wettbewerbswidriges Verhalten wird häufig erst durch unternehmensinterne Compliance-Systeme aufgedeckt und angezeigt. Welche Folgen unternehmensinterne Maßnahmen zur Vermeidung von Kartellrechtsverstößen haben sollten, wird seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. Die Wirtschaft fordert – andere Rechtsordnungen im Blick – schon lange, dass der nationale und europäische Gesetzgeber ausreichende Anreize für die Einführung von umfassenden und effektiven Compliance-Maßnahmen setzt, indem diesen entlastende Wirkung im Rahmen der Sanktionierung zukommen soll. Die Europäische Kommission und das Bundeskartellamt neigen einer ablehnenden Auffassung zu und betonen die Wirkungslosigkeit solcher Maßnahmen im Falle eines Kartellrechtsverstoßes. Die Bundesregierung hatte 2014 einen Prüfauftrag erteilt, zu untersuchen, ob gesetzliche Vorgaben zur verbindlichen Berücksichtigung von Compliance-Programmen im Kartellrecht einen zusätzlichen Anreiz für wirksamere Compliance-Maßnahmen der Unternehmen böten. Diese Debatte ist noch nicht beendet.
Die Verfasserin der vorliegenden Dissertation, die an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn entstanden und mit der Bestnote bewertet worden ist, nimmt sich dieses Themenkomplexes an und unterzieht diesen einer umfassenden juristischen Bewertung. Sie nähert sich der Thematik zunächst aus historischer Sicht und stellt dann den Diskussionstand und die teils divergierende Behördenpraxis im Inland und in ausgewählten Rechtsordnungen im Ausland exemplarisch dar. Weiter werden Möglichkeiten für eine Honorierung von Compliance-Bemühungen der Unternehmen herausgearbeitet, etwa im Rahmen der Unternehmen ohnehin obliegenden Pflichten oder aufgrund der präventiven Funktion des Kartellrechts. Dass es dabei auch auf die grundsätzliche Eignung und den Gehalt der jeweiligen Compliance-Maßnahmen ankommen muss, wird ebenfalls vertiefend dargestellt. Schließlich widmet sich die Arbeit der Frage nach einer etwaigen Kodifizierung von Compliance-Anforderungen.
Das FIW freut sich, mit diesem Band ein Thema vorzulegen, das von erheblicher praktischer Bedeutung ist und in dieser Weise bislang wissenschaftlich noch nicht vertieft aufgearbeitet worden ist. Auf eine solche systematische Bestandsaufnahme und wegweisende Impulse zur Berücksichtigung von Compliance-Programmen in Kartellbußgeldverfahren haben die Praxis und Wissenschaft gleichermaßen gewartet. Es wäre der Arbeit zu wünschen, wenn sie auch über den nationalen Kreis hinaus, vor allem auf europäischer Ebene, Verbreitung finden würde.