Band 241
XVII, 206 (50,- €)
ISBN: 978-3-452-279286
Vereinzelt werden von Nachfragern – insbesondere im Handel – Konditionen verlangt, die bei den Herstellern nicht einmal die Herstellungskosten decken. Leidtragende einer zu großen Nachfragemacht sind zum einen die Konkurrenten der Handelsunternehmen, zum anderen die Lieferanten und Hersteller. Zwar sind auch marktbeherrschende Handelsunternehmen grundsätzlich frei, ihre Lieferanten zu wählen und mit ihnen günstige Konditionen auszuhandeln. Sie dürfen ihre Forderungen nach besonders günstigen Einkaufsbedingungen aber nicht mit unlauteren Mitteln durchsetzen, die einer Nötigung gleichkommen, zum Beispiel durch unzulässiges „Anzapfen“. Hier sind der Gesetzgeber und die Wettbewerbspolitik gefragt, um die durch Konzentrationsprozesse entstehende Nachfragemacht zu verhindern oder ihre negativen Auswirkungen abzumildern.
Mit der 8. GWB-Novelle, die derzeit auf sich warten lässt, wollte der Bundestag die Weichen stellen, das Verbot der Aufforderung oder Veranlassung zur Gewährung von Vorteilen (§ 20 Abs. 3 Satz 2 GWB) dauerhaft zu verschärfen. Die Verschärfung, die in der Erweiterung des Schutzbereichs auf Großunternehmen bestanden hätte, ist mangels fristgerechten Inkrafttretens des 8. GWB-Änderungsgesetzes Ende 2012 zunächst ausgelaufen.
Die vorliegende Dissertation, die an der Ludwigs-Maximilian-Universität in München entstanden und mit der Bestnote bewertet worden ist, hat sich der Regelung des Missbrauchs der Nachfragemacht des § 20 Abs. 3 GWB, auch in ihrem systematischen Zusammenhang zu sonstigen Tatbeständen des Machtmissbrauchs, umfassend angenommen. Die skizzierten Reformbestrebungen konnten nicht mehr in die Arbeit eingearbeitet werden, jedoch bietet die Darstellung eine detaillierte Bestandsaufnahme der Regelung des „Anzapfverbots“ und greift damit ein schwieriges Thema des deutschen Kartellrechts auf. Sowohl die dogmatische Einordnung als auch die rechtspolitische Orientierung dieser Norm gelten als unsicher. In der Praxis ist die Norm mit Nachweisschwierigkeiten behaftet, die in dem so genannten „Ross und Reiter-Problem“ münden. Angesichts der nach wie vor zurückhaltenden Beschwerdepraxis von Unternehmen beim Betreiben kartellbehördlicher oder zivilrechtlicher Verfahren gegen den anzapfenden Nachfrager stellen die Bemühungen des Verfassers um eine Lösung des „Ross und Reiter-Problems“ einen hohen praktischen Nutzen dar. Das FIW freut sich, im Sinne der Fortentwicklung dieses Rechtsgebiets mit diesem Band eine Lücke zu schließen.