Band 232
XV, 368 (68,- €)
ISBN: 978-3-452-27308-6
Mit der Modernisierung des europäischen Kartellverfahrensrechts wurden nicht nur das System der Legalausnahme und das Prinzip der Selbsteinschätzung eingeführt. Mit Art. 16 VO 1/2003 wurde auch eine Regelung implementiert, die zu einer kohärenten Anwendung der Artikel 102 und 102 VAEU führen soll: Mitgliedstaatliche Gerichte sollen von einer Entscheidung der Europäischen Kommission nicht abweichen dürfen. Der deutsche Gesetzgeber hat im Rahmen der Siebten GWB-Novelle mit § 34 Abs. 4 GWB eine Norm geschaffen, die eine Bindung der deutschen Zivilgerichte an die Feststellung eines Kartellverstoßes nach europäischem Recht durch die Kommission anordnet, diese Bindung aber auch auf Entscheidungen der deutschen Kartellbehörden sowie die Kartellbehörden und – gerichte anderer Mitgliedstaaten erstreckt. Dieses deutsche Modell einer erweiterten Bindungswirkung hat zwischenzeitlich Schule gemacht. So sieht das Weißbuch der Europäischen Kommission zu Schadenersatzansprüchen wegen EG-Wettbewerbsverstößen ebenfalls eine Bindungswirkung von bestandskräftigen Entscheidungen nationaler Wettbewerbsbehörden in Schadenersatzprozessen nach dem Vorbild der deutschen Regelung vor.
Mit diesem Band legt das FIW eine Dissertation vor, die das Thema der Bindungswirkung kartellbehördlicher und – gerichtlicher Entscheidungen in alle Richtungen vermisst und einen umfangreichen Forschungsansatz zugrunde legt. Neben einer signifikanten Verarbeitung von Gerichts- und Verwaltungsentscheidungen widmet sich die Arbeit den Voraussetzungen, dem Umfang und den Grenzen der Bindungswirkung, wobei sich der Verfasser auch im Einzelnen mit der Tatbestands- Feststellungs- und Bestandskraftwirkung von Entscheidungen unterschiedlichen Inhalts auseinandersetzt. Mit der einzigartigen Bindung deutscher Zivilgerichte an bestandskräftige Entscheidungen einer Wettbewerbsbehörde eines anderen Mitgliedstaates lotet der Verfasser zudem juristisches Neuland aus.
Das FIW freut sich, mit diesem Band eine Schrift vorzulegen, die viele Rechtsgebiete vom materiellen Kartellrecht über das Verfahrensrecht, internationale Verwaltungsrecht bis hin zum Gemeinschaftsrecht berührt. Insbesondere die eigenständigen Interpretationsansätze auf einem sowohl im Schrifttum als auch in der Praxis noch kaum durchdrungenen Gebiet dürften die Ergebnisse der wissenschaftlichen Diskussion wesentlich bereichern.