Band 223
XI, 248 (56,- €)
ISBN: 978-3-452-27072-6
Die Ermessensausübung in Wettbewerbssachen kann als ein horizontales Kompetenzproblem zwischen Europäischer Kommission und Europäischem Gericht erster Instanz angesehen werden. In der Rechtswissenschaft wird seit Längerem die Frage diskutiert, in welchem Umfang die Gemeinschaftsgerichte Kommissionsentscheidungen überprüfen dürfen und wer das Letztentscheidungsrecht bei der Anwendung des europäischen Kartellrechts hat. Es geht dabei auch um Aspekte des institutionellen Gleichgewichts von Exekutive und Judikative.
Der Autor der vorliegenden Dissertation nimmt eine umfassende Analyse der Rechtsprechung zum Nachprüfungsumfang von Kommissionsentscheidungen vor, und zwar aus der Zeit vor und nach der Gründung des Gerichts erster Instanz. Mit der Einrichtung des Gerichts erster Instanz im Jahre 1989 war eine Intensivierung der Kontrolle der Entscheidungen der Kommission beabsichtigt worden. Die Arbeit macht deutlich, dass die Rechtsprechung selbst keine klare Linie erkennen lässt. Tendenziell ist der Umfang der gerichtlichen Nachprüfung beim Verbotstatbestand des Art. 81 Abs. 1 EG größer als bei den in Art. 81 Abs. 3 EG normierten Freistellungsvoraussetzungen. Die Bandbreite der Nachprüfung reicht von einer umfassenden eigenen Sachverhaltswürdigung des Gerichts bis zu einer minimalen Überprüfung anhand von »offensichtlichen Beurteilungsfehlern«, wie dies neuerdings auch bei Art. 82 EG und in der Fusionskontrolle der Fall ist. Bei der Bewertung komplexer wirtschaftlicher Verhältnisse findet offenbar nur eine begrenzte gerichtliche Kontrolle statt, die der Verfasser an den Grundsätzen des effektiven Rechtsschutzes überprüft. Der Autor entwickelt zudem ein eigenes Konzept für die Begründung von Ermessensspielräumen der Kommission, das die Kompetenzabgrenzung erleichtern soll.