Band 266
XIX, 313 (68,- €)
ISBN: 978-3-452-29223-0
Soziale Netzwerke sind – so eine Definition – eine internet- und datenbasierte Plattform. Diese und andere mehrseitige Internetplattformen stellen das Wettbewerbsrecht und die Wettbewerbspolitik derzeit angesichts ihrer Konzentrationstendenzen vor große Herausforderungen, wie diverse Verfahren der europäischen und nationalen Wettbewerbsbehörden zeigen. Nicht zuletzt geht es bei der Beurteilung der Fälle auch um die Schnittstellenbereiche verschiedener Rechtsgebiete, wie der beim Bundeskartellamt anhängige „Facebook-Fall“ zeigt. Noch für diese Legislaturperiode ist eine 10. GWB-Novelle geplant, die laut Koalitionsvertrag eine „Modernisierung des Kartellrechts in Bezug auf die Digitalisierung und Globalisierung der Wirtschaftswelt“ anstoßen und „das Wettbewerbsrecht für digitale Geschäftsmodelle ergänzen“ soll. Klärungsbedarf sieht die Politik im Vorfeld der Novelle, ob Wettbewerbsgefährdungen, wie sie mit zum Teil neuartigen unternehmerischen Strategien von marktmächtigen Unternehmen der Digitalwirtschaft einhergehen können, mit den geltenden Vorschriften der Missbrauchsaufsicht über marktbeherrschende Unternehmen effektiv erfasst werden können oder ob angesichts der Dynamik und Konzentrationstendenzen in der Internetökonomie beispielsweise eine weitere Eingriffsschwelle unterhalb der Marktbeherrschung notwendig werden könnte. Besondere Bedeutung wird auch dem Zugriff auf Daten und der Verweigerung eines Zugangs zu Daten beigemessen.
Die Verfasserin der mit der Bestnote ausgezeichneten Dissertation an der Rheinischen Friedrich-Wilhelms-Universität geht vielen dieser aktuellen Fragekomplexe im Zusammenhang mit sozialen Netzwerken nach. Nach einer Betrachtung der ökonomischen Grundlagen der Internetökonomie analysiert die Verfasserin verschiedene Fragestellungen der Anwendbarkeit kartellrechtlicher Vorschriften unter Einschluss der Anwendbarkeit der Missbrauchsaufsicht und der Fusionskontrolle. Sie entwickelt neue Ansätze für die Marktabgrenzung, untersucht die Marktstellung einzelner betrachteter sozialer Netzwerke und die in Betracht kommenden Missbrauchstatbestände, die sozialen Netzwerken typischerweise vorgeworfen werden. Sie geht auch der im aktuellen Facebook-Fall diskutierten Frage nach, inwieweit ein Verstoß gegen das Datenschutzrecht, mithin ein anderes Rechtsgebiet, gleichzeitig einen Verstoß gegen das Kartellrecht begründen kann. In die Zukunft weisen die Ausführungen zur nationalen und europäischen Fusionskontrolle, bei der die Verfasserin Reformbedarf diagnostiziert.
Das FIW freut sich, mit diesem Band ein hochaktuelles Thema zu präsentieren, das punktgenau im Vorfeld der 10. GWB-Novelle erscheint und den weiteren wissenschaftlichen und politischen Diskurs über den Umgang mit mehrseitigen Plattformen befruchten dürfte. Insbesondere die Vorschläge zur weiteren Ausgestaltung der Fusionskontrollvorschriften mit Blick auf bestehende Aufkaufstrategien marktmächtiger Unternehmen laden zur Diskussion ein. Wir wünschen dem Band einen hohen Wirkungsgrad.