Studie zur „Erfolgsbilanz Vestager“ vor dem EuGH
Die empirische Studie „Mapping Reversals: An Empirical Account of Margrethe Vestager’s Track Record Before the Court of Justice of the European Union“ von Schrepel und Parrish (Vrije Universiteit Amsterdam), veröffentlicht am 9. Februar 2025, untersucht die Erfolgsquote der Entscheidungen der EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager vor dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH).
Die Verfasser der Studie wollten zum einen einen umfassenden Überblick über die Verfahren in den Bereichen Kartellrecht (Wettbewerbsrecht), Fusionskontrolle und Beihilfenkontrolle geben, die in den letzten Jahren vor dem EuGH verhandelt worden sind. Zum anderen sollten möglichst Muster bei den Erfolgen und Misserfolgen der Generaldirektion Wettbewerb vor dem EuGH identifiziert werden.
Während der Amtszeit von Vestager wurden 241 Entscheidungen der Generaldirektion Wettbewerb vor dem EuGH verhandelt. Die Untersuchung zeigt, dass 27,47 % der unter Vestager getroffenen Entscheidungen ganz oder teilweise aufgehoben wurden – mit weiteren möglichen Fällen in der Zukunft. Bei Kartellrechtsfällen verlor die Europäische Kommission 24,6 % der Fälle vor Gericht.
Auf die einzelnen Rechtsgebiete heruntergebrochen ergaben sich bemerkenswerte Unterschiede: Keine der von Vestager eingeleiteten Entscheidungen nach Artikel 102 AEUV wurde vom EuGH aufgehoben. Im Bereich der Fusionskontrolle erreichten nur sieben Fälle den EuGH, von denen lediglich zwei aufgehoben wurden,; das entspricht 0,05 % der von Vestager erlassenen Fusionsentscheidungen.
Die Studie leitet darüber hinaus weitere Erkenntnisse aus den verschiedenen Entscheidungen ab. So ermittelte die Studie auf der Grundlage der Empirie, dass die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen gegen kartellrechtliche Entscheidungen Rechtsmittel einlegen, deutlich höher ist als bei Fusions- oder Beihilfeentscheidungen. Die EU habe in der Amtszeit mehr Kartellfälle aus rein verfahrensrechtlichen als aus materiell-rechtlichen Gründen verloren, wobei erstere sich vor allem auf Verletzungen des rechtlichen Gehörs und Unstimmigkeiten zwischen der Mitteilung der Beschwerdepunkte und den endgültigen Entscheidungen bezogen hätten und letztere in der Mehrheit auf fehlerhafte Begründungen zurückzuführen waren. Neu eingeführte Schadenstheorien seien vom EuGH gebilligt worden. Die meisten verlorenen Verfahren im Beihilferecht hätten sich auf materiellrechtliche Fragen zurückführen lassen, wie z. B. auf eine zu weite Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe.
Aus den Fusionskontrollfällen ließen sich aufgrund der geringen Fallanzahl offenbar keine weiteren Muster ableiten.