USA: Wettbewerbspolitik im transatlantischen Kontext
Der designierte U.S.-amerikanische Präsident Trump, der am 20. Januar 2025 die Amtsgeschäfte im Weißen Haus übernehmen wird, ist in einer vorteilhaften Position, wenn es darum geht, die wettbewerbs- und technologiepolitische Landschaft Washingtons zu verändern, da die Republikaner auch den Senat unter ihre Kontrolle gebracht haben. Außerdem kann das Weiße Haus viel im Alleingang mit Hilfe von „Executive Orders“ und durch die Beauftragung von Behörden tun.
Kartellrecht: Mit Amtsantritt Trumps ist es wahrscheinlich, dass die Vorsitzende der Federal Trade Commission (FTC), Lina Khan, und Jonathan Kanter, Leiter der Kartellabteilung des Justizministeriums (DOJ), ihre Ämter im weiteren Verlauf aufgeben müssen. Beide Beamten sind während der Amtszeit von Präsident Joe Biden mit kartellrechtlichen Untersuchungen und Klagen gegen große Technologieunternehmen vorgegangen. Die FTC und das DOJ haben mehrere wichtige politische Änderungen und Regelungsvorschläge vorgelegt, darunter neue Merger Guidelines und den Vorschlag eines Verbots von Wettbewerbsverboten (vgl. dazu z. B. FIW-Berichte: Rede (Jonathan Kanter, FTC, USA): Bemerkungen über Plattformmacht und – märkte – FIW Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung/ USA: Geplante Änderungen in der U.S.-amerikanischen Kartellrechtsdurchsetzung und Fusionskontrolle – FIW Forschungsinstitut für Wirtschaftsverfassung). Auch hat die Biden-Regierung ihre Skepsis gegenüber Fusionen und Übernahmen, insbesondere zwischen größeren Unternehmen, in bestimmten Branchen (z. B. im Gesundheitswesen) und unter Beteiligung von Private-Equity-Firmen, deutlich zum Ausdruck gebracht.
Es ist allerdings möglich, dass Trump die strenge Durchsetzung der Wettbewerbsgesetze gegen den Technologiesektor durch seinen Vorgänger beibehalten wird – das Justizministerium hat gerade einen großen Prozess gegen Google gewonnen, der in Trumps vorheriger Amtszeit begann, und der designierte Vizepräsident J.D. Vance hat Khans Bemühungen gelobt, die Marktdominanz der führenden Technologieunternehmen zu zügeln (JD Vance Backs FTC Chair Khan’s Approach on Big-Tech Mergers, Acquisitions – Bloomberg). Einige Beobachter gehen jedoch davon aus, dass der Kurs unter der Trump Administration gegenüber den Big Tech-Unternehmen weniger aggressiv sein wird und er eher moderate Reformen gegenüber drastischen Maßnahmen (Klagen) bevorzugen wird (Trump to adjust antitrust approach on Big Tech | Digital Watch Observatory). Man wird sehen.
Das Verfahren des DOJ gegen Google wegen seiner Marktbeherrschung bei der Online-Suche und der Werbetechnologie ist noch nicht abgeschlossen, und über mögliche Abhilfemaßnahmen, einschließlich der Veräußerung von Teilen des Unternehmens, muss noch entschieden werden (Google faces US government attempt to break it up | Google | The Guardian. Die Verhandlung über diese Abhilfemaßnahmen wird nicht vor 2025 stattfinden, was Trump die Möglichkeit gibt, den Fortgang der Verfahren zu beeinflussen.
Darüber hinaus wird erwartet, dass insbesondere auch bei Fusionen und Übernahmen Trumps Ansatz bei der Durchsetzung des Kartellrechts wahrscheinlich weniger aggressiv sein wird als der von Biden. Er könnte auch die Beschränkungen für Wettbewerbsverbote und andere Regulierungsmaßnahmen lockern.
KI/Krypto: Branchen im Zusammenhang mit künstlicher Intelligenz und Kryptowährung wird Trump voraussichtlich vor größeren Regulierungen schützen. Trump hat versprochen, Elon Musk (Tesla- und SpaceX-CEO) als Leiter eines „Ministeriums für Regierungseffizienz“ einzusetzen, mit dem er Ausgaben in Höhe von 2 Billionen Dollar einsparen will.
Er hat zugesagt, Bidens KI-Durchführungsverordnung rückgängig zu machen, die den Entwicklern fortschrittlicher KI-Modelle neue Berichtspflichten auferlegt und gleichzeitig den Grundstein für künftige Vorschriften legt (Trump plans to repeal Biden order, limit AI regulation | TechTarget). Es wird erwartet, dass Trump auch Führungskräfte bei der Commodity Futures Trading Commission und der Securities and Exchange Commission ernennen wird, was auf einen laisser-faire-Ansatz gegenüber Kryptowährungsunternehmen hinauslaufen könnte.
CHIPS und TikTok: Obwohl der designierte Präsident während seiner ersten Amtszeit eine harte Linie gegenüber China vertrat, hat er sich gegen zwei parteiübergreifende Initiativen Washingtons gewandt, die darauf abzielen, Pekings technologischen Vorsprung zu untergraben. Den im Wahlkampf kritisierten Chips and Science Act, ein Gesetz, das mit 52 Mrd. US Dollar Amerikas Hightech-Produktionskapazitäten im Vergleich zu China stärken und Anreize für die Ansiedlung von Chip-Herstellern in den USA bieten soll, wird Trump Analysten zufolge wahrscheinlich nicht zurückzunehmen, sondern lediglich einige Änderungen an seiner Umsetzung vornehmen (China is bracing for fresh tensions with Trump over trade, tech and Taiwan). Außerdem versprach Trump, die chinesische App TikTok, „niemals“ zu verbieten. Der Kongress hatte in diesem Frühjahr ein Gesetz verabschiedet und Biden unterzeichnet, das TikTok zwingen würde, sich von seinem Eigentümer zu trennen oder ein landesweites Verbot zu verhängen. Obwohl Trump TikTok als ein nationales Sicherheitsrisiko ansieht, würde seiner Ansicht nach bei einem Verbot von TikTok das soziale Netzwerk Facebook gestärkt, und dieses sieht er als „Feind des Volkes“ an (Trump gegen TikTok-Verbot – Facebook sei „Feind des Volkes“).
Fiona Scott Morton, Senior Fellow at Bruegel und Theodore Nierenberg Professor at Yale, die 2023 als EU Chief Economist im Gespräch war, befürchtet Einbußen bei der Rechtsstaatlichkeit bei der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts durch Trump (The Sound of Economics Live: The US voted – what now?) – auch durch den Einfluss der politischen Berater, die aus der Unternehmenssphäre kommen.