Europäisches Parlament
Entschließung
Bericht über Wettbewerbspolitik der Kommission
Digitale Wirtschaft
Das Europäische Parlament hat am 19. Januar 2016 über den Bericht der Kommission vom 4. Juni 2015 über die Wettbewerbspolitik im Jahre 2014 sowie die begleitende Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen eine Entschließung erlassen.
Darin erneuert das Parlament seine Forderung, mehr in die Wettbewerbspolitik der Kommission eingebunden zu warden und drängt die Kommission, in verschiedenen Bereichen legislative Maßnahmen zu ergreifen, wie z.B. im Hinblick auf die Digitale Wirtschaft, um den Binnenmarkt zu vollenden. Es betont, dass die stringente Durchsetzung der Wettbewerbspolitik die globale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen verbessere. Wettbewerbspolitik sollte nicht nur auf das Ziel von Preissenkungen für Verbraucher gerichtet sein, sondern auch andere Ziele in den Blick nehmen, wie Innovationsfähigkeit, Investitionstätigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Nachhaltigkeit, sowie besondere Wettbewerbsbedingungen von KMU, Start-Ups sowie die Förderung hoher Arbeits- und Umweltschutzstandards.
Im Hinblick auf die Bußgeldpolitik regt das Parlament an, künftig auch Sanktionen gegen natürliche Personen zu ermöglich, um eine höhere abschreckende Wirkung zu erzielen.
Digitalwirtschaft:
Ein besonderer Fokus der Entschließung liegt auf Vorschlägen zum künftigen Umgang mit der Digitalwirtschaft. Dabei zieht sich ein durchweg kritischer Ton durch die Entschließung. So fordert das EP, dass die Wettbewerbspolitik sich den Spezifiken dieses Sektors anpassen sollte, denn es habe sich gezeigt, dass die herkömmlichen Marktmodelle der Wettbewerbspolitik für die digitale Wirtschaft unpassend seien und die Anwendung von preisbasierten Indikatoren in diesem dynamischen Wirtschaftszweig oftmals nicht zielführend sei. Die Kommission sollte vielmehr
angemessene Maßnahmen zum Schutz von Verbrauchern zu ergreifen und der hohen Bedeutung von Daten sowie den besonderen Marktstrukturen der digitalen Wirtschaft ausreichend Rechnung zu tragen.
Auch müssten „bei der Definition des relevanten Marktes insbesondere im Bereich der digitalen Wirtschaft entsprechende Beurteilungskriterien im Hinblick auf den Wettbewerb angewendet werden“.
Die Entschließung hebt ebenfalls die starke Wechselwirkung zwischen der Durchsetzung der Wettbewerbsregeln und der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt hervor und bezieht sich dabei insbesondere auf Geoblocking-Praktiken und Lizenzvereinbarungen.
Auch ist das Parlament der Ansicht, dass der Wettbewerb im Telekommunikationssektor nicht nur für die Förderung der Innovation und Investition in Netze, sondern auch für erschwingliche Preise und die Wahlmöglichkeit für die Verbraucher bei Dienstleistungen von grundlegender Bedeutung sei. Das Parlament fordert daher die Kommission auf, den Wettbewerb in diesem Sektor, einschließlich bei der Frequenzzuteilung, zu wahren.
Im Bereich der Fusionskontrolle stellt das Parlament heraus, dass in der Vergangenheit die Bewertung von Fusionen und Übernahmen in der digitalen Wirtschaft überwiegend anhand der Umsätze der beteiligten Unternehmen vorgenommen wurde; dies habe sich als unzureichend erwiesen, wie der Fall der Übernahme von WhatsApp durch Facebook gezeigt habe. Auch Unternehmen mit geringen Umsätzen und beachtlichen Anlaufverlusten könnten – so das EP – „einen großen Kundenkreis und damit beachtliche Datensätze sowie eine hohe Marktmacht haben“. Daraus leitet das Parlament die Forderung ab, vor allem in der Digitalen Wirtschaft, neben preisbasierten Ansätzen, Marktanteile und Umsatzgröße andere Kriterien heranzuziehen, wie etwa „Kaufpreise, mögliche Markteintrittsbarrieren, die herausragende Bedeutung von Daten sowie der Datenzugang, die Spezifika von Plattformen und die damit verbundenen Netzwerkeffekte, aber auch die Tatsache, ob in dem fraglichen Sektor ein weltweiter Wettbewerb herrscht oder nicht“. Das Parlament ist der Ansicht, dass mit der
bestehenden Marktdefinition eine fehlerhafte Einschätzung von Marktmacht verbunden sei, die in Zeiten der Globalisierung oft zu Lasten europäischer Unternehmen gehe.
Im Hinblick auf Internetplattformen soll nach Ansicht des Parlaments das Ziel einer Regulierung von Internetplattformen darin bestehen, einen besseren Schutz von Nutzern zu garantieren und gleichzeitig Anreize für Innovationen zu erhalten.
Darüber hinaus sollte die Kommission von ihrer Befugnis Gebrauch machen, einstweilige Maßnahmen gemäß Art. 8 der VO 1/2003 anzuordnen, wenn die Gefahr eines ernsten, nicht wieder gutzumachenden Schadens für den Wettbewerb bestehe; solche Maßnahmen könnten insbesondere in langwierigen Wettbewerbsverfahren, etwa bei Digitalfällen, zur Anwendung kommen.