Europäisches Parlament
ECON
Plattformökonomie
Fusionskontrolle
Digital Markets Act
Berichtsentwurf: https://www.europarl.europa.eu/doceo/document/ECON-PA-693930_DE.pdf
Nachdem bereits am 1. Juni 2021 der Berichterstatter des Ausschuss für Binnenmarkt und Verbraucherschutz des Europäischen Parlaments, Dr. Andreas Schwab, seinen Berichtsentwurf über den Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Bereich (Digital Markets Act, DMA, Gesetz über digitale Märkte vorgelegt hatte (vgl. dazu auch FIW-Berichte vom 06.01., 11.03., 27.05., 31.05., 09.06.21), hat nun auch die Berichterstatterin des ECON (Ausschusses für Wirtschaft und Währung) ihren Berichtsentwurf am 1. September 2021 vorgelegt.
Die Berichterstatterin, Stéphanie Yon-Courtin, Renew Europe Group, hat 110 Änderungsanträge eingereicht.
Wesentlicher Inhalt der Änderungsanträge (ÄA):
- Benennung von Gatekeepern: Die Berichterstatterin teilt die Ansicht der Kommission in Bezug auf die vorgeschlagenen quantitativen Schwellenwerte für Gatekeeper. Neue und neu entstehende Gatekeeper sollten ebenfalls auf der Grundlage qualitativer Kriterien benannt werden können. Hinsichtlich der vorgeschlagenen qualitativen Kriterien würde Yon-Courtin gern relevante Unternehmens- oder Dienstmerkmale wie die Unternehmensstruktur eines Konglomerats oder die vertikale Integration der Unternehmen, die zentrale Plattformdienste betreiben, hinzufügen.
- Verpflichtungen: Die Verhaltensregelungen in den Artikeln 5 und 6 sollten nach Auffassung der Berichterstatterin präzisiert und geändert werden, um gewerblichen Nutzern die Möglichkeit zu geben, dieselben Produkte und Dienstleistungen über ihre eigenen direkten Online-Vertriebskanäle anzubieten, die Kommunikation mit Endnutzern zu ermöglichen (Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe c), Identifizierungsdienste auf Zahlungsdienste und technische Dienste auszuweiten (Artikel 5 Absatz 1 Buchstaben e und f) und Werbetreibenden und Verlagen kostenlos, laufend und in Echtzeit Zugang zu Informationen zu bieten (Artikel 5 Absatz 1 Buchstabe g). Des Weiteren sollten von Gatekeepern vorinstallierte Standarddienste verboten werden (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe b), das Verbot der Selbstbevorzugung sollte auf Installationen, Aktivierungen und Standardeinstellungen ausgeweitet werden (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe d), das Merkmal der Kostenlosigkeit und der technischen Möglichkeit im Zusammenhang mit der Interoperabilität und der Übertragbarkeit sollte präzisiert werden (Artikel 6 Absatz 1 Buchstaben f und h), und faire und diskriminierungsfreie Bedingungen sollten nicht nur auf Stores für Software-Anwendungen angewendet werden, sondern auf alle zentralen Plattformdienste ausgeweitet werden (Artikel 6 Absatz 1 Buchstabe k).
- Rolle Dritter: Die Berichterstatterin würde gerne einen Berichterstattungsmechanismus einführen, über den Dritte der Kommission oder nationalen Behörden nützliche Informationen zu den Praktiken von Gatekeepern und zu Gegebenheiten und Veränderungen auf dem Markt übermitteln können. Dieser Berichterstattungsmechanismus würde gewerblichen Nutzern, Wettbewerbern und Endnutzern offenstehen.
- Einhaltung der Vorschriften: Um die bestmögliche Einhaltung der Vorschriften sicherzustellen, sollen von jedem Gatekeeper ein Compliance-Beauftragter benannt werden, der die Umsetzung und Einhaltung der Verpflichtungen und Maßnahmen überwacht. Der Compliance-Beauftragte sollte Zugang zu den erforderlichen Informationen, einschließlich Daten und Algorithmen, haben und der Kommission regelmäßig über den Sachstand berichten. Die Kommission sollte auf der Grundlage dieser Sachstandsberichte Empfehlungen an die Gatekeeper aussprechen und die notwendigen Sanktionen verhängen.
- Bei neuen Praktiken sollen einstweilige Maßnahmen ergriffen werden können, bis das Ergebnis einer Marktuntersuchung vorliegt.
- Zusammenarbeit mit den Mitgliedstaaten: Yon-Courtin ist der Ansicht, dass die Kommission und die Mitgliedstaaten eng zusammenarbeiten und sich hinsichtlich ihrer Durchsetzungsmaßnahmen abstimmen sollten. Den nationalen Wettbewerbsbehörden sollte auf der Grundlage der bestehenden Mechanismen des Europäischen Wettbewerbsnetzes eine führende Rolle zukommen. Die Zusammenarbeit sollte sich auf folgende Themenfelder beziehen: Unterrichtung über Zusammenschlüsse, Marktuntersuchungen zur Benennung von Gatekeepern, Marktuntersuchungen bei systematischer Nichteinhaltung und Marktuntersuchungen in Bezug auf neue Dienstleistungen und neue Praktiken sowie Auskunftsverlangen zur Befragung und zur Aufnahme von Aussagen und zur Befugnis zur Durchführung von Nachprüfungen vor Ort.
- Rolle des Europäischen Parlaments: Die Berichterstatterin betont die große Bedeutung des Europäischen Parlaments beim DMA und fordert die Kommission auf, regelmäßig aktuelle Informationen über die Evaluierungen der Durchsetzung der Verpflichtungen bereitzustellen
Weitere Schritte:
Die ECON-Mitglieder können bis zum 06.09.21 ihre Änderungsanträge zu dem Entwurf einreichen, bevor darüber Ende Oktober eine Abstimmung erfolgt. Eine endgültige Abstimmung des gesamten Plenums des Parlaments wir voraussichtlich Mitte Dezember stattfinden.