EU-Kommission: Erster Anwendungsfall unter der Verordnung gegen Verzerrungen im Binnenmarkt durch Subventionen aus Drittstaaten (FSR)
EU-Kommission
Industriepolitik
Fusionskontrolle
Beihilfenpolitik
Subventionen
PM: Verordnung über Subventionen aus Drittstaaten: Kommission leitet Prüfung ein (europa.eu)
PM: Erklärung von Kommissar Breton (europa.eu)
Erster Anwendungsfall:
Am 16. Februar 2024 hatte die EU-Kommission die Einleitung ihrer ersten
eingehenden Untersuchung
unter der
Verordnung gegen Verzerrungen im Binnenmarkt durch Subventionen aus Drittstaaten (Foreign Subsidies Regulation, FSR)
im Rahmen eines bulgarischen Vergabeverfahrens für die Lieferung mehrerer elektrischer „Push-Pull“-Züge sowie für die damit verbundenen Wartungs- (15 Jahre) und Personalschulungsdienste verkündet. Angemeldet hatte die CRRC Qingdao Sifang Locomotive Co. Ltd., eine Tochtergesellschaft der chinesischen CRRC Corporation. Die CRRC Corporation Limited (bekannt als CRRC) ist ein großer staatlicher chinesischer Hersteller von Schienenfahrzeugen.
Die öffentliche Ausschreibung betraf 20 elektrische Wendezüge sowie deren Wartung über 15 Jahre. Der geschätzte Auftragswert belief sich auf rund 1,2 Mrd. BGN (610 Mio. Euro). Nach der FSR-Verordnung sind Unternehmen verpflichtet, ihre Angebote im Rahmen öffentlicher Ausschreibungen in der EU zu melden, wenn der geschätzte Auftragswert 250 Mio. Euro übersteigt und wenn dem Unternehmen in den drei Jahren vor der Meldung mindestens 4 Mio. Euro an finanziellen Zuwendungen von mindestens einem Drittland gewährt wurden.
Die EU-Kommission machte damit zum ersten Mal von ihren Befugnissen im Rahmen der Verordnung über Subventionen aus Drittstaaten Gebrauch. Die Kriterien schienen für ein Eröffnungsverfahren erfüllt zu sein: ein öffentlicher Auftrag von hohem Wert (ca. 610 Mio. EUR) und ein strategischer Industriesektor (da er sich auf die Infrastruktur und den öffentlichen Verkehr bezieht und ein Schlüssel zu einer kohlenstoffarmen Wirtschaft ist), in dem die europäischen Industrien bestrebt sind, ihren Marktanteil und ihre Bedeutung gegenüber ihren ausländischen Konkurrenten aufrechtzuerhalten.
Am 26. März 2024 veröffentlichte die Kommission jedoch eine kurze Erklärung, in der sie den
Abschluss der eingehenden Untersuchung
ankündigte, nachdem sich CRRC Qingdao Sifang Locomotive Co. Ltd. aus dem öffentlichen Vergabeverfahren zurückgezogen hatte. Über die Gründe ist nichts bekannt. Allerdings folgte der Rückzug auf die Ankündigung der Eröffnung des Verfahrens.
Hintergrund:
Die FSR war am 12. Januar 2023 in Kraft getreten und fand bereits ab dem 12. Juli 2023 Anwendung. Sie ermöglicht der Kommission, finanzielle Zuwendungen von Drittstaaten für in der EU tätige Unternehmen zu prüfen und bei Bedarf ihre wettbewerbsverzerrenden Auswirkungen zu beseitigen. Damit sollen gleiche Wettbewerbsbedingungen für alle im Binnenmarkt tätigen Unternehmen zu gewährleistet werden. Allerdings mussten die Unternehmen erst ab dem 12. Oktober 2023 im Rahmen von Zusammenschlussvorhaben und bei öffentlichen Auftragsvergaben der Europäischen Kommission alle erhaltenen finanziellen Zuwendungen aus Drittstaaten melden, sofern die Schwellenwerte der FSR überschritten wurden. Die Meldepflichten für Zusammenschlüsse und öffentliche Vergabeverfahren galten ab diesem Tag. Kurz vor dem Inkrafttreten hatte die EU-Kommission noch am 10. Juli 2023 eine Durchführungsverordnung und die Meldeformulare zur Verordnung veröffentlicht (vgl. dazu auch FIW-Berichte vom 01.12.23, 25.10.23, 13.07.23, 09.02.23, 30.01.23).
Die Verordnung sieht drei Instrumente vor, mit denen die Kommission finanzielle Zuwendungen einer drittstaatlichen Behörde prüfen kann:
- zwei Instrumente der vorherigen Genehmigung, die gleiche Wettbewerbsbedingungen für die größten Fusionen und für Angebote im Rahmen umfangreicher öffentlicher Vergabeverfahren sicherstellen sollen,
- ein allgemeines Instrument für die Untersuchung aller anderen Marktsituationen sowie von Fusionen und öffentlichen Vergabeverfahren geringeren Umfangs.