EU-Kommission konsultiert zu Leitlinien zum Behinderungsmissbrauch
Missbrauchskontrolle
Marktbeherrschung
Behinderungsmissbrauch
Leitlinien
PM und Konsultationsdokument zum Herunterladen am Ende (in verschiedenen Sprachen): 2024 article 102 guidelines – European Commission (europa.eu) mit dem Kon
Die EU-Kommission hat am 1. August 2024 den Entwurf von Leitlinien zu Art. 102 AEUV über den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch Behinderungsmissbrauch veröffentlicht. Sie bittet dazu um Rückmeldungen bis zum 31. Oktober 2024. Die Kommission plant derzeit, die Leitlinien im Laufe des Jahres 2025 fertigzustellen. Nach Verabschiedung der neuen Leitlinien soll die 2008 veröffentlichte Mitteilung zu den Durchsetzungsprioritäten zurückgezogen werden.
Die Kommission will mit den Leitlinien künftig mehr Klarheit und Vorhersehbarkeit in Bezug auf den allgemeinen Prüfungsrahmen für Fälle von Behinderungsmissbrauch durch Unternehmen in marktbeherrschender Stellung schaffen. Sie sollen die Rechtssicherheit bei der Rechtsanwendung erhöhen und die Rechtsprechung der EU-Gerichte sowie die umfangreichen Erfahrungen der Kommission bei der Durchsetzung von Artikel 102 AEUV widerspiegeln.
Hintergrund:
Bislang gibt es keine Leitlinien zur näheren Erläuterung des Anwendungsbereichs von Art. 102 AEUV. Die Kommission hatte lediglich 2008 ihre Durchsetzungsprioritäten in diesem Bereich in Form einer Mitteilung veröffentlicht und im März 2023 aktualisiert. Der Leitlinienentwurf enthält insbesondere Orientierungshilfen zu verschiedenen Fragen im Zusammenhang mit Behinderungsmissbrauch durch marktbeherrschende Unternehmen, unter anderem:
- zum Zweck der Durchsetzung des Wettbewerbsrechts und zum Konzept des Verbraucherwohls im EU-Recht, auch in Bezug auf Behinderungsmissbrauch
- zu den wichtigsten Grundsätzen für die Beurteilung einer alleinigen und einer kollektiven marktbeherrschenden Stellung
- zur Anwendung allgemeiner Grundsätze für die Feststellung, ob ein Verhalten eines marktbeherrschenden Unternehmens wahrscheinlich einen Missbrauch darstellt, und insbesondere zu den Begriffen „Leistungswettbewerb“ und „Verdrängungswirkungen“
- zu den erforderlichen Beweisen. Es wird unterschieden zwischen: i) Kategorien von Verhaltensweisen, für die der Nachweis erbracht werden muss, dass sie Verdrängungswirkungen entfalten können, ii) Kategorien von Verhaltensweisen, die ein hohes Potenzial haben, zu Verdrängungswirkungen zu führen, und iii) reinen Beschränkungen, die automatisch zu Verdrängungswirkungen führen
- zum materiellrechtlichen Maßstab für die Feststellung von Verdrängungswirkungen;
- zum Analyserahmen für bestimmte Verhaltensweisen marktbeherrschender Unternehmen. Es wird unterschieden zwischen: 1.) Verhaltensweisen, die spezifischen, in der EU-Rechtsprechung verankerten rechtlichen Prüfungen unterliegen (d. h. Ausschließlichkeitsbindungen, Kopplung und Bündelung, Lieferverweigerung, Verdrängungspreise und Kosten-Preis-Schere), und 2.) Verhaltensweisen, die keinen spezifischen rechtlichen Prüfungen unterliegen (d. h. bedingte Rabatte, Bündel- oder Paketrabatte, Selbstbevorzugung und Zugangsbeschränkungen);
- zu den allgemeinen Grundsätzen für die Beurteilung objektiver Rechtfertigungen, die das beherrschende Unternehmen vorbringen kann.