Kommission
Kartellverfahren
Internetökonomie
Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung
Im laufenden Verfahren der EU-Kommission gegen Google hat die EU-Kommission am 14. Juli 2016 Google und auch der Muttergesellschaft Googles Alphabet zwei neue Mitteilungen der Beschwerdepunkte übermittelt.
Erste ergänzende Mitteilung:
Eine von den beiden Mitteilungen ist eine ergänzende Mitteilung der Beschwerdepunkte zu der bereits im April 2015 übersandten Mitteilung der Beschwerdepunkte zum Vorwurf des Marktmissbrauchs durch eine systematische Bevorzugung des Google-eigenen Preisvergleichsdienstes (vgl. FIW-Berichte vom 20.04.16 und 05.09.16). Damit bekräftigt die Kommission ihre ursprüngliche Ansicht, an dem Missbrauchsvorwurf festhalten zu wollen. Die Kommission hatte zwischenzeitlich weitere Ermittlungen vorgenommen und hat in der Mitteilung zusätzliche Beweismittel und Daten dargelegt, die die vorläufige Schlussfolgerung der Kommission untermauern sollen, dass Google seine marktbeherrschende Stellung missbraucht. Die zusätzlichen Beweismittel beziehen sich unter anderem auf die Art und Weise, wie Google seinen eigenen Preisvergleichsdienst gegenüber entsprechenden Diensten von Wettbewerbern bevorzugt, die Auswirkungen der Platzierung einer Website auf den Suchergebnisseiten von Google auf die Zahl der Aufrufe und die Entwicklung der Aufrufe des Preisvergleichsdienstes von Google im Vergleich zu den Diensten seiner Wettbewerber. Die Kommission äußert die Befürchtung, dass die Nutzer bei ihrer Suche nicht notwendigerweise die für sie relevantesten Ergebnisse zu sehen bekommen. Sie ist darüber hinaus – anders als Google – der Ansicht, dass Preisvergleichsdienste und Händlerplattformen zu unterschiedlichen Märkten gehören. Allerdings gelangt die Kommission, selbst bei Einbeziehung der Händlerplattformen in den von relevanten Markt, zu derselben Ansicht, dass „Google durch sein Verhalten den Wettbewerb vonseiten seiner wettbewerblich nächsten Konkurrenten geschwächt oder sogar fast beseitigt hat„.
Google hat nun Zeit, innerhalb von acht Wochen zu der ergänzenden Mitteilung der Beschwerdepunkte Stellung zu nehmen.
Neue (zweite) Mitteilung:
Die zweite Mitteilung ist eine von dem vorigen Vorwurf getrennte Mitteilung, in der die Kommission Google ihre vorläufige Auffassung mitteilt, dass das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung auch dadurch missbraucht habe, dass es die Möglichkeiten Dritter, z.B. anderer Suchdienste und Online-Werbeplattformen, auf ihren Websites Suchmaschinenwerbung von Wettbewerbern Googles anzuzeigen, künstlich beschränke, indem es diesen Dritten Beschränkungen auferlege. Dies erfolge vor allem über die von Google genutzte Plattform „AdSense for Search“. Durch diese Praktiken habe Google – so die Kommission – seine beherrschende Stellung bei der Vermittlung von Suchmaschinenwerbung aufrechterhalten können. Insbesondere hat die Kommission Bedenken dahingehende geäußert, dass
- Dritte keine Suchmaschinenwerbung von Wettbewerbern Googles beziehen dürften (Exklusivität)
- Dritte von Google eine Mindestzahl von Suchmaschinenanzeigen abnehmen und dafür einen „am besten sichtbaren Platz“ auf ihrer Ergebnisseite reservieren müssten (Premium-Platzierung)
- Dritte eine Genehmigung Googles bräuchten, bevor sie etwas an der Darstellung der Suchmaschinenwerbung der Wettbewerber ändern dürften (Genehmigungsvorbehalt).
Google hat nun Zeit, innerhalb von 10 Wochen zu der Mitteilung der Beschwerdepunkte Stellung zu nehmen.
Hintergrund:
Die EU-Kommission hatte bereits im November 2010 ein Verfahren gegen Google eingeleitet. Am 15. April 2015 war in Sachen Preisvergleichsdienste ein förmliches Verfahren gegen Google eröffnet worden. Vorgeworfen wurde Google, dass das Unternehmen seine marktbeherrschende Stellung auf den Märkten für allgemeine Internet-Suchdienste im Europäischen Wirtschaftsraum missbräuchlich ausnutze, indem es seinen eigenen Preisvergleichsdienst auf seinen allgemeinen Suchergebnisseiten systematisch bevorzuge. Die Kommission ging von Marktanteilen Googles in Höhe von 90 Prozent % (jedenfalls in den meisten EWR-Ländern) bei der Bereitstellung allgemeiner Online-Suchdienste aus. Mit solchen Preisvergleichsdiensten können Verbraucher auf Websites für Online-Shopping nach Produkten suchen und die Preise der verschiedenen Anbieter vergleichen. Google bietet diese Dienste seit 2002 an. Die Kommission hatte vor allem Bedenken, dass die Nutzer bei ihrer Suche nicht unbedingt die für sie relevantesten Ergebnisse zu sehen bekommen. Das würde den Verbrauchern und konkurrierenden Preisvergleichsdiensten schaden und Innovationen bremsen. Die von Google zuvor angebotenen Verpflichtungszusagen waren als nicht ausreichend angesehen worden. Die Beschwerdepunkte der Kommission betrafen zunächst nur das erste von vier Bedenken. Die anderen Bedenken wurden weiter von der Kommission untersucht und wurden nun teilweise in der zweiten Mitteilung der Beschwerdepunkte adressiert.