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EU
Kommission
Kartellverfahren
VO 1/2003
Beratungsschreiben

Bekanntmachung: coronavirus_informal_guidance_notice_antitrust_2022.pdf (europa.eu) 

Am 3. Oktober 2022 hat die EU-Kommission ihre Bekanntmachung über „Informelle Orientierungshilfen zu neuartigen Fragen im Zusammenhang mit der Anwendung der Artikel 101 und 102 AEUV in Einzelfällen“ aktualisiert. Zuvor hatte sie bis zum 21. Juni 2022 zu dem Entwurf einer überarbeiteten Bekanntmachung eine Konsultation durchgeführt (vgl. dazu FIW-Bericht vom 01.06.2022).

Die informelle Beratung der EU-Kommission erfolgt in Form von Beratungsschreiben. Die Kommission hatte bereits 2004 eine entsprechende Bekanntmachung herausgegeben, die jedoch aufgrund der strengen Kriterien in der Praxis nie genutzt wurde. Die Kommission möchte den Unternehmen künftig mehr Rechtssicherheit zukommen lassen und das Instrument flexibler nutzen. Unternehmen mit neuartigen Geschäftsmodellen oder in Krisensituationen sollen hiervon insbesondere profitieren. Die Beratungsschreiben sollen veröffentlicht werden, um auch anderen Unternehmen Anhaltspunkte bei der Beurteilung ähnlicher Fragestellungen zu geben.

In der neuen Bekanntmachung präzisiert die Kommission, dass auch weiterhin kein Rechtsanspruch der Unternehmen auf ein Beratungsschreiben besteht, sondern dass die Entscheidung zur Erstellung eines solchen Schreibens im Ermessen der Kommission verbleibt und auch weiterhin nur in absoluten Ausnahmefällen erfolgen soll. Beratungsschreiben können nur in Betracht kommen, wenn nach einer ersten Bewertung des Sachverhalts und der rechtlichen Umstände „triftige Gründe“ bestehen, die Anwendbarkeit der Artikel 101 oder 102 AEUV auf die fragliche Vereinbarung oder einseitige Verhaltensweise durch ein solches Schreiben zu klären. Dies ist nur der Fall bei neuen oder ungelösten Fragen und wenn ein öffentliches Interesse an der Bereitstellung von Orientierungshilfen besteht, weil ein Beratungsschreiben einen Mehrwert in Hinblick auf die Rechtssicherheit erbringen würde. Dafür gewichtet sie einige Aspekte, wie z. B. die Bedeutung der von der Vereinbarung oder einseitigen Verhaltensweise betroffenen Waren oder Dienstleistungen oder die Ziele der Vereinbarung für die Verwirklichung der Prioritäten der Kommission oder das Unionsinteresse. Auch der Umfang der in Rede stehenden Investitionen kann hier eine Rolle spielen. Fragen in bereits beim Gerichtshof der Europäischen Union anhängigen Verfahren oder welche Gegenstand eines Verfahrens bei der Kommission oder bei einem Gericht oder einer Wettbewerbsbehörde eines Mitgliedstaats sind, sollen nicht Gegenstand von Beratungsschreiben werden. Auch berät die Kommission nicht zu hypothetischen Fragestellungen. Eine vorläufige Selbsteinschätzung durch die Unternehmen bleibt Antragsvoraussetzung. 

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