Kommission
Beihilfenrecht
Befristeter Rahmen
Ukraine
Link zum Befristetem Rahmen: Staatliche Beihilfen: Kommission verabschiedet Befristeten Krisenrahmen (europa.eu)
Die EU-Kommission hat noch im Vorfeld des Europäischen Rates vom 24./25. März 2022 am 23. März 2022 ihre Mitteilung zum Befristeten Krisenrahmen zur Stützung der Wirtschaft infolge der Invasion der Ukraine durch Russland vorgelegt. Damit sollen die wirtschaftlichen Auswirkungen dieses Krieges abgefedert und stark betroffene Unternehmen und Branchen unter Wahrung gleicher Wettbewerbsbedingungen von den Mitgliedstaaten unterstützt werden können.
In dem auf Artikel 107 Absatz 3 Buchstabe b des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) gestützten Befristeten Krisenrahmen wird anerkannt, dass das Wirtschaftsleben der gesamten EU beträchtlich gestört ist. Als besonders drastisch stellen sich derzeit die außergewöhnlich starken Erhöhungen der Gas- und Strompreise dar, die die Unternehmen möglicherweise nicht weitergeben oder denen sie sich kurzfristig nicht anpassen können. Eine vorübergehende Unterstützung durch Beihilfen könnte daher die Folgen für ansonsten gesunde Unternehmen abfedern, die mit den steilen Kostensteigerungen infolge der geopolitischen Krise 2022 konfrontiert sind, und auch den Inflationsdruck durch Energiepreissteigerungen verringern (vgl. hierzu auch FIW-Artikel vom 22.03.22).
Zur Behebung dieser Störung können nach dem Befristeten Krisenrahmen drei Arten von Beihilfen gewährt werden:
1. Begrenzte Beihilfebeträge:
Die Mitgliedstaaten werden Regelungen auflegen können, mit denen sie von der Krise betroffene Unternehmen, die in Landwirtschaft, Fischerei oder Aquakultur tätig sind, Beihilfen von bis zu 35 000 EUR je Unternehmen gewähren können. Betroffene Unternehmen aus anderen Wirtschaftszweigen können jeweils bis zu 400 000 EUR erhalten. Diese Beihilfen müssen nicht als Ausgleich für einen Anstieg der Energiepreise konzipiert sein, da die Krise und die restriktiven Maßnahmen gegen Russland die Wirtschaft in vielfältiger Weise treffen, unter anderem durch Störungen der physischen Lieferketten. Diese Unterstützung kann in jeder Form, einschließlich direkter Zuschüsse, gewährt werden.
2. Liquiditätshilfe in Form von staatlichen Garantien und zinsvergünstigten Darlehen:
Die Mitgliedstaaten werden vergünstigte staatliche Garantien und zinsvergünstigte öffentliche und private Darlehen bereitstellen können. Mit den staatlichen Garantien soll sichergestellt werden, dass die Banken weiterhin Darlehen an alle von der derzeitigen Krise betroffenen Unternehmen vergeben.
a. Die Mitgliedstaaten können für Bankdarlehen von Unternehmen staatliche Garantien gewähren oder Garantieregelungen einführen. Die Garantieprämien für neue Darlehen von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und Nicht-KMU werden durch die Senkung des geschätzten Marktsatzes für Jahresprämien vergünstigt.
b. Die Mitgliedstaaten können zinsvergünstigte öffentliche und private Darlehen an Unternehmen ermöglichen. Diese Darlehen müssten zu einem Zinssatz gewährt werden, der mindestens dem risikofreien Basiszinssatz zuzüglich der für KMU und Nicht-KMU jeweils anwendbaren Kreditrisikomarge entspricht.
Für beide Beihilfearten gelten Obergrenzen für den Darlehenshöchstbetrag in Abhängigkeit von den betrieblichen Erfordernissen des jeweiligen Unternehmens, wobei der Umsatz, die Energiekosten oder der besondere Liquiditätsbedarf zu berücksichtigen sind. Die Darlehen dürfen sowohl für Investitions- als auch Betriebsmittelbedarf gewährt werden.
3. Beihilfen zum Ausgleich erhöhter Energiepreise:
Die Mitgliedstaaten sollen in die Lage versetzt werden, Unternehmen, insbesondere energieintensive Unternehmen, teilweise für Mehrkosten zu entschädigen, die ihnen aufgrund außergewöhnlich hoher Gas- und Strompreise entstehen. Diese Unterstützung kann in jeder Form, einschließlich direkter Zuschüsse, gewährt werden. Die Gesamtbeihilfe je Empfänger darf sich zu keinem Zeitpunkt auf mehr als 30 % der beihilfefähigen Kosten oder mehr als 2 Mio. EUR belaufen. Wenn dem Unternehmen Betriebsverluste entstehen, können weitere Beihilfen erforderlich sein, um die Aufrechterhaltung der betreffenden wirtschaftlichen Tätigkeit zu gewährleisten. Zu diesem Zweck können die Mitgliedstaaten Beihilfen gewähren, die diese Obergrenzen übersteigen, und zwar bis zu 25 Mio. EUR für energieintensive Unternehmen und bis zu 50 Mio. EUR für Unternehmen, die in bestimmten Wirtschaftszweigen wie der Erzeugung von Aluminium und anderen Metallen, Glasfasern, Zellstoff, Düngemitteln oder Wasserstoff und vielen Grundchemikalien tätig sind.
Um Beeinträchtigungen der fairen Wettbewerbsbedingungen im Binnenmarkt zu begrenzen, enthält der Krisenrahmen des Weiteren eine Reihe von Vorkehrungen:
- Nachweis: Die Mitgliedstaaten müssen nachweisen, dass die in den Anwendungsbereich dieser Mitteilung fallenden Beihilfemaßnahmen, die sie bei der Kommission anmelden, ein erforderliches, geeignetes und angemessenes Mittel sind, um eine beträchtliche Störung in ihrem Wirtschaftsleben zu beheben, und dass alle maßgeblichen Voraussetzungen dieser Mitteilung erfüllt sind.
- Beihilfevoraussetzungen: Der Begriff „energieintensiver Betrieb“ wird im Einklang mit Artikel 17 Absatz 1 Buchstabe a der Energiebesteuerungsrichtlinie definiert als Unternehmen, dessen Energiebeschaffungskosten sich auf mindestens 3 % seines Produktionswertes belaufen.
- Nachhaltigkeitskriterien: Die Mitgliedstaaten werden aufgefordert zu erwägen, für die Gewährung von Beihilfen zur Entschädigung für Mehrkosten aufgrund außergewöhnlich hoher Gas- und Strompreise in nichtdiskriminierender Weise Anforderungen in Bezug auf den Umweltschutz oder die Versorgungssicherheit festzulegen.
Der Befristete Krisenrahmen gilt bis zum 31. Dezember 2022. Um für Rechtssicherheit zu sorgen, wird die Kommission vor Ablauf dieser Frist prüfen, ob eine Verlängerung erforderlich ist.