Kommission
Sektoruntersuchung
Online-Handel
Geoblocking
Bericht: https://ec.europa.eu/competition/antitrust/ecommerce_swd_en.pdf
Fact sheet: https://europa.eu/rapid/press-release_MEMO-16-882_en.htm
Am 18. März 2016 hat die EU-Kommission im Rahmen der am 6. Mai 2015 eingeleiteten kartellrechtlichen Sektoruntersuchung im Bereich des elektronischen Handels nun erste Ergebnisse für den Bereich Geoblocking in Form eines Berichts und Factsheets veröffentlicht (vgl. hierzu auch FIW-Berichte vom 08.05.15 und 01.07.15).
Geoblocking:
Beim Geoblocking hindern Anbieter digitaler Inhalte Verbraucher daran, Gebrauchsgüter im Internet zu kaufen oder auf digitale Inhalte online zuzugreifen, weil der potenzielle Käufer sich im Ausland befindet oder dort seinen Wohnsitz hat. Dadurch wird der grenzüberschreitende elektronische Handel eingeschränkt.
Sektoruntersuchung:
Die Sektoruntersuchung war eingeleitet worden, nachdem die Kommission festgestellt hatte, dass der grenzüberschreitende Online-Handel innerhalb der EU nur langsam wachse. Grund dafür seien aus Sicht der Kommission neben rechtlichen Hindernissen oftmals auch vertragliche Vereinbarungen zwischen Herstellern und Händlern, durch die Märkte aufgeteilt werden und der Wettbewerb beschränkt wird. Im Rahmen ihrer Sektoruntersuchung will die Kommission die nötigen Informationen sammeln, um zu ermitteln, ob und in welchem Ausmaß etwaige von Unternehmen errichtete Hindernisse die europäischen Märkte für elektronischen Handel beeinträchtigen. Geoblocking ist einer der von der Sektoruntersuchung abgedeckten Aspekte. Die Kommission hat nach eigenen Angaben Antworten von mehr als 1400 Einzelhändlern und Anbietern digitaler Online-Inhalte aus allen 28 Mitgliedstaaten der EU erhalten. Sie betont, dass die am 18. März 2016 veröffentlichten Fakten und Angaben zum Geoblocking nur vorläufiger Natur seien und nicht der Feststellung wettbewerbsrechtlicher Bedenken oder der Einleitung kartellrechtlicher Ermittlungen vorgriffen. Die Erkenntnisse würden in die im Rahmen der Sektoruntersuchung durchgeführte laufende Analyse der Kommission zur Feststellung etwaiger Wettbewerbsbedenken einfließen.
Vorläufige Feststellungen zum Geoblocking:
Die vorläufigen Feststellungen der Europäischen Kommission belaufen sich darauf, dass Geoblocking in der EU eine weit verbreitete Praxis sei. Diese sei teils auf einseitige Entscheidungen von Unternehmen zurückzuführen, nicht ins Ausland zu verkaufen, teils verhinderten aber auch bestimmte Vertragsklauseln zwischen Unternehmen, dass Verbraucher über das Internet aus anderen EU-Ländern Waren beziehen können. Insbesondere hätte sich ergeben, dass Geoblocking sowohl beim Verkauf von Gebrauchsgütern als auch beim Zugang zu digitalen Inhalten in der gesamten EU an der Tagesordnung sei. So hätten 38 Prozent der Gebrauchsgüter verkaufenden Einzelhändler, die sich an der Untersuchung beteiligten, und 68 Prozent der Anbieter digitaler Online-Inhalte angegeben, Verbraucher aus anderen EU-Mitgliedstaaten durch Geoblocking auszuschließen. Bei diesen Produkten erfolge Geoblocking meist, indem die Lieferung ins Ausland verweigert werde. Außerdem werde teilweise die Annahme von Zahlungen aus dem Ausland abgelehnt oder in selteneren Fällen auf Website-Umleitungen oder Verweigerung des Zugangs zu einer Website zurückgegriffen. In technischer Hinsicht erfolge dies meist durch Erkennung der IP-Adresse des Nutzers, durch die der Standort eines Computers oder Smartphones ermittelt werden könne.
Kartellrechtlich bedenklich kann Geoblocking allerdings nur im Falle einer einseitigen Geschäftsentscheidung eines Unternehmens sein, sofern dies marktbeherrschend ist, oder wenn diese Praxis vertraglich ausgestaltet ist. Die Kommission hat offenbar einige Fälle identifiziert, bei denen Geoblocking auf Vereinbarungen zwischen Lieferanten und Vertreibern zurückzuführen ist. Ob solche Vereinbarungen den allerdings Wettbewerb auf dem Binnenmarkt beeinträchtigen, muss jeweils im Rahmen einer Einzelfallprüfung beurteilt werden. Bei kartellrechtlich unbedenklichen Konstruktionen des Geoblocking sieht die Kommission es dennoch als eine ihrer Hauptprioritäten an, dann zumindest legislative Maßnahmen im Rahmen ihrer Strategie für einen digitalen Binnenmarkt zu ergreifen, um ungerechtfertigte Hindernisse für den grenzüberschreitenden elektronischen Handel zu beseitigen; hierzu will sie im Mai weitere Vorschläge vorlegen.
Nächste Schritte:
Ein vorläufiger Bericht zur Sektoruntersuchung wird voraussichtlich Mitte 2016 veröffentlicht werden. Der Abschlussbericht wird voraussichtlich im ersten Quartal 2017 erscheinen. Anhand der Ergebnisse der Untersuchung will die Kommission entscheiden, ob sie kartellrechtliche Verfahren gegen einzelne Unternehmen einleiten wird.