Kommission
Private Rechtsverfolgung
Sammelklagen
Am 22. Mai 2017 hat die EU-Kommission Fragebögen zum kollektiven Rechtsschutz veröffentlicht. Die Konsultation läuft bis zum 15. August 2017.
Die Konsultation zielt darauf ab, die Anwendung und Umsetzung der Empfehlung der EU-Kommission vom 11. Juni 2013 zu evaluieren (vgl. dazu FIW-Bericht vom 13.06.13). Die Empfehlung war Teil eines Maßnahmenpakets und beinhaltete Vorschläge an die Mitgliedstaaten, bestimmte kollektive Rechtsschutzelemente in verschiedenen Rechtsgebieten einzuführen. Dabei sollten bestimmte Verfahrensgarantien eingehalten werden, um dem Missbrauch von Klageinstrumenten entgegenzuwirken. Daher schlug die Kommission den Mitgliedstaaten vor, Kollektivklagen nur nach einem „Opt-In“-Prinzip (im Gegensatz zu einem „Opt-Out“-Prinzip) einzuführen. Im Besonderen enthielt die Empfehlung folgende Vorschläge:
- Die Mitgliedstaaten sollten in den nächsten zwei Jahren kollektive Schadensersatz- und Unterlassungsklagen auf nationaler Ebene in verschiedenen Rechtsgebieten, z. B. im Verbraucherschutz und im Bereich des Wettbewerbs, ermöglichen. Nach vier Jahren wollte die Kommission prüfen, ob weitergehende Maßnahmen notwendig seien.
- Die Mitgliedstaaten sollten für Repräsentativklagen Vertretungsorgane benennen, die bestimmten Kriterien, z. B. Gemeinnützigkeit, unterliegen. Das Vertretungsorgan oder die Klägergruppe müssten die Möglichkeit haben, über die Rechtsverletzung und ihre Absicht, eine Klage zu erheben, informieren dürfen.
- Die im Prozess unterlegene Partei sollte die Prozesskosten der obsiegenden Partei tragen („Loser-pays-Prinzip“).
- Finanzierung der Klage: Gericht sollte Offenlegung der Finanzierung des Prozesses verlangen können. Bei fehlenden Voraussetzungen für eine Prozessfinanzierung sollte das Verfahren ausgesetzt werden können. Bei bestimmten Modalitäten, z. B. Interessenskonflikten, dürfe nicht drittfinanziert werden.
- Verankerung des Opt-in-Prinzips in Schadensersatzverfahren, allerdings seien Ausnahmen möglich, wenn sie aus Gründen der ordnungsgemäßen Rechtspflege erfolgten.
- Parteien einer kollektiven Schadensersatzklage sollten ihren Rechtsstreit außergerichtlich oder im Wege eines Vergleichs lösen können. Verjährungsfrist sollte während eines alternativen Streitbeilegungsverfahrens gehemmt werden.
- Erfolgshonorare sollten grundsätzlich nicht erlaubt sein, Strafschadenersatz nicht ermöglicht werden.
Die Konsultation stellt die angekündigte Evaluierung der in der Empfehlung enthaltenen Vorschläge und des Stands der „Umsetzung“ in den einzelnen Mitgliedstaaten dar. Die durch die Konsultation erlangten Erkenntnisse werden in die Überlegungen der EU-Kommission einfließen, ob ein gesetzgeberisches Tätigwerden erforderlich ist. Es soll zum einen überprüft werden, ob und welche Maßnahmen seitens der Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene zur Einführung kollektiver Rechtsschutzelemente ergriffen wurden. Darüber hinaus sollen auch solche Situationen identifiziert werden, in denen Kollektivklagen nicht durchgeführt worden sind, obwohl diese angemessen gewesen wären.