Brexit
TCA
Wettbewerbsrecht
Beihilfenrecht
Handels- und Kooperationsabkommen (vorläufiger Text): https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:22020A1231(01)&from=EN
Die Europäische Union (EU) und das Vereinigte Königreich (VK) haben
sich am 24. Dezember 2020 auf ein Handels- und Kooperationsabkommen („Trade and Cooperation Agreeement“, TCA) geeinigt. Die Wettbewerbsbedingungen einschließlich der Beihilfenkontrolle gehörten zu den umstrittensten Dossiers des Handelsabkommens. Eine rechtliche Verpflichtung seitens des VK, gleichwertige Gesetzgebungssysteme wie die der EU beizubehalten und dynamische Angleichungen vorzunehmen, war indes schon seit Längerem vom Tisch.
Wettbewerbsrecht:
Als Absichtserklärung wird in Art. 2.2. Abs. 1 des zweiten Kapitels formuliert, dass jede Vertragspartei ein eigenes Wettbewerbsrecht aufrechterhalten soll, mit dem wirksam gegen kartellrechtswidrige Vereinbarungen, den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung und Fusionen vorgegangen werden soll, die erhebliche wettbewerbswidrige Auswirkungen haben können. Allerdings kann jede Vertragspartei „aus Gründen berechtigter Gemeinwohlziele Ausnahmen von ihrem Wettbewerbsrecht vorsehen, sofern diese Ausnahmen transparent und gemessen an diesen Zielen verhältnismäßig sind“ (Art. 2.2. Abs. 3).
In Art. 2.4. wird die Bedeutung der Zusammenarbeit, auch in Bezug auf Entwicklungen in der Wettbewerbspolitik und die Aktivitäten zur Rechtsdurchsetzung, festgehalten, ohne hierzu konkretere Festlegungen zu treffen. Konkretere Bedingungen für den Austausch und die Nutzung vertraulicher Informationen werden explizit einem Folgeabkommen vorbehalten. Streitigkeiten können nicht über den vorgesehenen Streitbeilegungsmechanismus beigelegt werden (Art. 2.5.).
Beihilfenrecht
Das Abkommen regelt, dass jede Vertragspartei ihr eigenes, unabhängiges System der Subventionskontrolle einrichtet und dass keine Vertragspartei verpflichtet ist, die Regeln der anderen zu befolgen. Es enthält einige allgemeine Grundsätze, die die Gestaltung der Systeme beider Seiten bestimmen und sicherstellen sollen, dass die Gewährung von Subventionen keine nachteiligen Auswirkungen auf den Handel zwischen den Vertragsparteien hat. So wird in Art. 3.1. und Art. 3.2. der Subventionsbegriff neu – und in Abweichung vom Begriff der staatlichen Beihilfen – für die Zwecke des Abkommens definiert und sein Anwendungs-bereich festgelegt. Auch Dienstleistungen von öffentlichem wirtschaftlichem Interesse werden eigenständig definiert (Art. 3.3.), wobei sich die Definition an der des EU-Beihilfenrechts orientiert.
Jede Vertragspartei (mithin auch das VK) muss ein wirksames Subventionskontrollregime einrichten (Art. 3.4. Abs. 1). Den Grundsätzen in Art. 3.4. zufolge haben sich die Vertragsparteien auf einige Prinzipien geeinigt, die sicherstellen sollen, dass keine Partei handelsverzerrende Subventionen einsetzt. Diese Prinzipien umfassen einen Beitrag zu einem klar definierten Ziel von öffentlichem Interesse und die Notwendigkeit eines staatlichen Eingriffs zur Behebung eines Marktversagens. Darüber hinaus müssen Subventionen angemessen und verhältnismäßig sein sowie einen Anreizeffekt enthalten.
Diese allgemeinen Prinzipien werden durch spezifische verbindliche Prinzipien ergänzt (Art. 3.5), die für Schlüsselsektoren gelten oder bestimmte Arten von Beihilfen.
Das Abkommen verpflichtet beide Seiten, die von ihnen gewährten Subventionen transparent zu machen (Art. 3.7) und ein unabhängiges Gremium einzurichten oder beizubehalten (Art. 3.9), das eine angemessene Rolle in ihrem jeweiligen Subventionssystem spielt. Das Abkommen enthält Bestimmungen über die Rolle der nationalen Gerichte bei der Überprüfung nationaler Subventionsentscheidungen (Art. 3.10). Die EU und das Vereinigte Königreich haben auch vereinbart, dass inländische Gerichte unter bestimmten Umständen die Befugnis haben sollten, die Rückforderung von Subventionen anzuordnen, die nach inländischem Recht unrechtmäßig gewährt wurden (Art. 3.11).
Schließlich haben das Vereinigte Königreich und die EU einen wechselseitigen Mechanismus vereinbart, der es beiden Seiten ermöglicht, rasch Maßnahmen zu ergreifen, wenn eine von der anderen Partei gewährte Subvention ihren Industrien erheblichen Schaden zufügt oder ernsthaft zuzufügen droht (Art. 3.8). Darüber hinaus kann der horizontale Streitbeilegungsmechanismus unter bestimmten Voraussetzungen zur Geltung kommen (Art. 3.13). In einer zusätzlichen separaten gemeinsamen Erklärung zwischen der EU und dem VK (kein Annex zum Abkommen) sind unverbindliche Empfehlungen für zusätzliche Sektoren enthalten, die jede Seite in ihrem jeweiligen System der Subventionskontrolle berücksichtigen kann (https://assets.publishing.service.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attach-ment_data/file/948105/EU-UK_Declarations_24.12.2020.pdf)