Bundeswettbewerbsbehörde
Industriepolitik
Fusionskontrolle
Beihilfenrecht
Die österreichische Bundeswettbewerbsbehörde (BWB) hat am 26. November 2019 einen Beitrag zu der seit Februar 2019 national und auf europäischer Ebene geführten Debatte zu einer Neuausrichtung der Wettbewerbs- und Industriepolitik in Europa veröffentlicht.
Hintergrund:
Nach der Untersagung der Fusion von Siemens und Alstom durch die Europäische Kommission Anfang Februar 2019 sowie aufgrund der spürbar zunehmenden internationalen Konkurrenz insbesondere durch chinesische Unternehmen ist die Frage nach einer möglichen Reform des EU-Wettbewerbsrechts und der Schaffung von „European Champions“ neu aufgekommen. Deutschland und Frankreich gehören zu den stärksten Befürwortern einer Reform des EU-Wettbewerbsrechts, dokumentiert u. a. durch den Entwurf einer Nationalen Industriestrategie 2030 des Bundeswirtschaftsministers Altmaier (Februar 2019), das Deutsch-Französisches Manifest für eine Europäische Industriepolitik (Februar 2019), Vorschläge einer Expertengruppe im Auftrag der französischen Regierung (Juni 2019), ein gemeinsames Papier der Wirtschafsminister aus Deutschland, Frankreich und Polen (Juli 2019) und die neue finale Industriestrategie von Bundeswirtschaftsminister Altmaier (November 2019).
Die BWB hat sich mit den Auswirkungen einer solchen „European Champions“-Politik befasst und hat ihre Ergebnisse in einem „Positionspapier zu nationalen und europäischen Champions in der Fusionskontrolle“ zusammengefasst.
Wesentliche Schlussfolgerungen der BWB:
Letztlich spricht sich die BWB gegen die Förderung nationaler oder europäischer „Champions“ aus. Dagegen sprächen folgende Thesen (im Wortlaut):
Größe ist manchmal ein Vorteil, häufig aber auch ein Nachteil
Ausländische Investoren und die Einbindung in internationale Wertschöpfungsketten nützen der heimischen Wirtschaft
Eine protektionistische Fusionskontrolle schadet kleinen Unternehmen und Unternehmen aus kleinen Mitgliedsstaaten wie Österreich
Die Begünstigung europäischer Champions untergräbt die Rechtssicherheit und den Rechtsschutz
Eine protektionistische Fusionskontrolle würde zu reziproken Maßnahmen führen und schadet europäischen und österreichischen Unternehmen im Ausland
Nationale Champions fördern „Rent-Seeking“
Schutz eines international fairen Wettbewerbs kann nicht aus Schutz vor Wettbewerb entstehen
Größe ist manchmal ein Vorteil, häufig aber auch ein Nachteil
Ausländische Investoren und die Einbindung in internationale Wertschöpfungsketten nützen der heimischen Wirtschaft
Eine protektionistische Fusionskontrolle schadet kleinen Unternehmen und Unternehmen aus kleinen Mitgliedsstaaten wie Österreich
Die Begünstigung europäischer Champions untergräbt die Rechtssicherheit und den Rechtsschutz
Eine protektionistische Fusionskontrolle würde zu reziproken Maßnahmen führen und schadet europäischen und österreichischen Unternehmen im Ausland
Nationale Champions fördern „Rent-Seeking“
Schutz eines international fairen Wettbewerbs kann nicht aus Schutz vor Wettbewerb entstehen
Die BWB ist der Ansicht, dass eine „Politisierung der europäischen Fusionskontrolle, insbesondere durch die im deutsch-französischen Manifest diskutierte Einbindung des Rates“ die „Rechtssicherheit und die Rechtsschutzmöglichkeiten betroffener Unternehmen“ zu sehr einschränken würde. Gerade Rechtssicherheit in der Fusionskontrolle sei für die betroffenen Unternehmen aber von größter Wichtigkeit.
Die Europäische Fusionskontrolle gebe der Europäischen Kommission schon jetzt „alle Mittel an die Hand, in einem transparenten Verfahren unter Berücksichtigung auch außereuropäischer Gegebenheiten (wie z. B. internationaler Entwicklungen innerhalb betroffener Märkte) für fairen Wettbewerb zu sorgen und marktbeherrschende Positionen zu verhindern“.
Die Schaffung „vermeintlicher nationaler oder europäischer Champions“ berge die „Gefahr regulatorischer Willkür“ und würde dadurch letztlich „den europäischen und österreichischen Unternehmen mehr schaden als nützen“. Denn: „KMUs und Unternehmen aus kleineren Mitgliedstaaten kämen in der Regel nicht in den Genuss einer (…) Vorzugsbehandlung“, müssten später aber gegen die bevorzugten „Champions“ konkurrieren oder als deren Abnehmer höhere Preise zahlen, so die Sorge.
Aus Sicht der BWB wären Initiativen in anderen Bereichen, etwa in der Handelspolitik oder im Beihilfenrecht, weitaus besser geeignet, um europäischen Unternehmen vor unfairem Wettbewerb durch staatlich subventionierte Unternehmen zu schützen. Das Ziel sollte sein, die europäischen Wettbewerbsregeln und Standards auch bei den Handelspartnern der EU zu etablieren und damit ein level playing field für alle zu schaffen.
In der Broschüre heißt es abschließend: „Probleme des Marktzuganges oder der Subventionierung jeweils heimischer Unternehmen in manchen ausländischen Jurisdiktionen sind nicht dadurch zu lösen, dass man den Wettbewerb aufweicht. Initiativen und Instrumente in anderen Rechtsbereichen sind dafür weitaus besser geeignet und werden auch bereits in Angriff genommen.“