Rede
Wettbewerbskommissarin
Margrethe Vestager
Wettbewerbspolitik
Beihilfenpolitik
Klima-, Umwelt- und Energiebeihilfe-Leitlinien (KUEBLL/CEEAG)
Green Deal
Am 4. November 2021 hielt die Wettbewerbskommissarin und Vizepräsidentin der Europäischen Kommission, Margrethe Vestager, die Rede „What is competition for?“ anlässlich des „21 Competition Day“ bei der Dänischen Wettbewerbs- und Verbraucherbehörde. Sie hält eine Lobrede auf den Wettbewerb und vor allem auf das Wettbewerbsrecht. Interessant sind insbesondere ihre Ausblicke auf die derzeit zur Überarbeitung anstehenden Leitlinien für staatliche Umweltschutz- und Energiebeihilfen (UEBLL/ EEAG), die im Zuge der im Sommer eingeleiteten Konsultation in Leitlinien für Klima-, Umweltschutz- und Energiebeihilfen (KUEBLL/CEEAG) umbenannt wurden (vgl. dazu auch FIW-Bericht vom 11.06.21). Demnach wird die Europäische Union mehr Subventionen für ein breiteres Spektrum an umweltfreundlichen Projekten zulassen als bisher angedacht.
Vestager brachte zunächst zum Ausdruck, dass die bisherigen Leitlinien dazu beigetragen hätten, öffentliche Investitionen so zu lenken, dass sie dem Klima und der Umwelt zugutekommen. Seit 2014 hätten die EEAG mehr als 200 Mrd. EUR an nationalen Investitionen in die Klimaziele der EU gelenkt – insbesondere durch die Förderung neuer Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien, wenn private Mittel allein nicht ausreichten. In den letzten Jahren hätten die Vorschriften auch dazu beigetragen, die Kosten für die Förderung großer neuer Anlagen zur Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen zu senken, indem sie vorschrieben, dass die Förderung im Rahmen von Ausschreibungen erfolgen müsse, so dass die gleichen Ergebnisse für das Klima erzielt würden, aber zu geringeren Kosten für die Steuerzahler.
Vestager gab bekannt, dass die neuen Leitlinien (CEEAG) nun die Arten von Projekten, die von den Regierungen unterstützt werden können, erheblich ausweiten würden, um die gesamte Bandbreite der Ziele des Green Deal abzudecken. Diese würden in allen Bereichen höhere Beträge an staatlichen Beihilfen zulassen, wenn diese zur Unterstützung jener Ziele erforderlich seien.
Vestager zählte darüber hinaus noch weitere Facetten des Wettbewerbsrechts auf, die dazu beitragen könnten, den grünen Wandel zu unterstützen. Auch Nachhaltigkeitsvereinbarungen seien zulässig, solange die Vorteile, die sie den Verbrauchern eines Produkts brächten, den Schaden, der ihnen durch den Verlust des Wettbewerbs entsteht, überwögen. Sie plädierte an die Unternehmen, in Zweifelsfällen hinsichtlich der Zulässigkeit solcher Vereinbarungen den engen Schulterschluss zur Kommission zu suchen. Vestager kündigte an, in den neuen Leitlinien für horizontale Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern im nächsten Jahr allgemeinere Hinweise zur Vereinbarung von Nachhaltigkeitsvereinbarungen zu geben.
Hintergrund:
Die beiden Hauptgründe für die Überarbeitung der EEAG-Leitlinien waren laut Kommission eine Ausweitung des Geltungsbereichs der Leitlinien auf neue Bereiche und alle Technologien, die den Green Deal umsetzen können, sowie eine Flexibilisierung der Kompatibilitätsregeln. Eine Evaluierung zeigte, dass einige gezielte Anpassungen erforderlich waren.
Neben der Vereinfachung und Aktualisierung bestimmter Vorschriften soll der Anwendungsbereich der Leitlinien erweitert werden und künftig auch Bereiche wie saubere Mobilität und Dekarbonisierung einschließen. Zudem sollen die geltenden Vorschriften an die strategischen Prioritäten der Kommission wie den europäischen Grünen Deal und neuere regulatorische Änderungen in den Bereichen Energie und Umwelt angepasst werden. Vor diesem Hintergrund schlug die Kommission in ihrer Konsultation vom Juni 2021 eine Reihe gezielter Änderungen an den geltenden Leitlinien vor:
- Erweiterung des Anwendungsbereichs der Leitlinien, um Förderungen in neuen Bereichen (z. B. saubere Mobilität, Energieeffizienz von Gebäuden, Kreislaufwirtschaft und Biodiversität) und aller Technologien, die den Grünen Deal voranbringen können, einschließlich der Förderung erneuerbarer Energie, zu ermöglichen. Nach den überarbeiteten Vorschriften wären in der Regel Förderungen im Umfang von bis zu 100 % der Finanzierungslücke zulässig. Außerdem könnten neue Beihilfeinstrumente wie CO2-Differenzverträge eingeführt werden.
- Flexiblere Gestaltung und Straffung der geltenden Vorschriften: Die Beurteilung bereichsübergreifender Maßnahmen soll künftig einfacher werden und anhand eines einzigen Abschnitts der Leitlinien erfolgen. Zudem soll für große grüne Vorhaben, die im Rahmen bereits von der Kommission genehmigter Beihilferegelungen gewährt werden, die Pflicht zur Einzelanmeldung entfallen.
- Einführung von Schutzvorkehrungen, die sicherstellen, dass die Beihilfen wirksam für besseren Klima- und Umweltschutz eingesetzt werden, auf das zur Erreichung der Umweltziele erforderliche Maß beschränkt bleiben und den Wettbewerb bzw. die Integrität des Binnenmarkts nicht beeinträchtigen. Unter bestimmten Umständen werden die Mitgliedstaaten beispielsweise, wenn sie eine Förderregelung auflegen, Interessenträger zu den wichtigsten Merkmalen der Regelung konsultieren müssen.
- Anpassung an die relevanten Rechtsvorschriften und Strategien der EU für Umweltschutz und Energie und Gewährleistung der Kohärenz: Vor diesem Hintergrund soll unter anderem die Unterstützung fossiler Brennstoffe, insbesondere jener, die eine besonders starke Umweltverschmutzung bewirken und bei denen eine positive beihilferechtliche Beurteilung angesichts ihrer negativen Auswirkungen auf die Umwelt unwahrscheinlich ist, nach und nach eingestellt werden. Maßnahmen, die neue Investitionen in Erdgas umfassen, werden nur unter die Leitlinien fallen, sofern diese Investitionen nachweislich mit den Klimazielen der Union für 2030 und 2050 vereinbar sind.
Weitere Schritte:
Die neuen Leitlinien sollen noch Ende 2021 von der Europäischen Kommission angenommen werden.