Kommission
Wettbewerbskommissarin
Vestager
Rede
In ihrer Rede vom 10. März 2016 bei der Tagung der Studienvereinigung Kartellrecht in Brüssel („Refining the EU merger control system“) gab EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager einige Neuerungen in der Fusionskontrolle zu berichten.
Vestager berichtete, dass die im Weißbuch zur Fusionskontrolle noch vorgeschlagene Kontrolle von Minderheitsbeteiligungen derzeit so gut wie vom Tisch sei. Die Kommission habe Systeme in den Mitgliedstaaten untersucht, die Minderheitsbeteiligungen der Zusammenschlusskontrolle unterwürfen. Es seien zwingende Beweise von Nöten, um die Kommission zu überzeugen, dass ein solches System auch auf europäischer Ebene funktionieren würde, ohne einen zu hohen Grad an Komplexität zu schaffen. Bislang sei sie, so Vestager, nicht überzeugt, dass Europa dieses Konzept der Kontrolle über Minderheitsbeteiligungen übernehmen müsse.
Die Kommission denke darüber hinaus über deutliche weitere Vereinfachungen in der Fusionskontrolle nach, wie zum Beispiel mögliche Befreiungstatbestände für einfach gelagerte Zusammenschlussfälle, die von vorneherein keine wettbewerblichen Bedenken auslösten. Solche Konstellationen seien aus dem Kartellrecht bekannt. Diese Zusammenschlüsse sollen künftig schneller und noch einfacher behandelt werden. Auf welche Weise dieses Ziel erreicht werden könne, sei noch offen.
Im Hinblick auf die Aufgreifschwellen in der Fusionskontrolle könnte sich auch etwas ändern, um auf die von der Digitalwirtschaft aufgeworfenen Probleme besser eingehen zu können, so Vestager. Der Umsatz eines Unternehmens werde als Auffangkritierium zunehmend nicht mehr als ausreichend erachtet, wie die Übernahme von WhatsApp durch Facebook gezeigt habe. Facebook habe WhatsApp im Jahr 2014 für 19 Milliarden Dollar gekauft. Obwohl WhatsApp 600 Millionen Kunden habe, habe es keine anzeigepflichtigen Umsätze in Europa generiert. Hieraus folge, dass nicht Umsätze immer den Marktwert eines Unternehmens ausmachten, sondern der Marktwert sich anhand anderer Kriterien ergebe, wie Daten- oder Kundensätzen. Ob und inwieweit die Fusionskontrolle auf Zusammenschlüsse von Unternehmen ausgeweitet werden sollte, die zwar noch keine hohen Umsätze, aber bereits einen hohen Marktwert haben, müsse allerdings gründlich untersucht werden. Dies setze ein vertieftes Verständnis der verschiedenen Konstellationen voraus. Das Transaktionsvolumen könne einen Ansatzpunkt für eine neue Betrachtung bilden. Es sei auch zu überlegen, ob diese Fälle nicht besser auf nationaler Ebene geprüft werden sollten mit der Möglichkeit, schwierige Fälle nach Brüssel zu verweisen. Über das Für und Wider neuer oder zusätzlicher Kriterien auf europäischer müsse intensiv debattiert werden. Insofern begrüßte die Kommissarin auch die Befassung mit dem Thema durch die deutsche Monopolkommission. Ein etwaiger Test müsse in jedem Fall so eindeutig sein, dass keine Zweifel bestünden, ob ein Zusammenschluss anzumelden sei.