Band 235
VII, 96 (49,- €)
ISBN: 978-3-452-27412-0
Das 43. FIW-Symposion behandelte 2010 den „Wettbewerb in der Finanzkrise – Lehren für die Zukunft“. Die Weltwirtschaft hat durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise ihren schärfsten Einbruch in der Nachkriegsgeschichte erlebt. Das Vertrauen in funktionierende Märkte wurde weltweit schwer erschüttert und lässt sich nur langsam wieder herstellen.
Die Aufholphasen nach Wirtschaftskrisen, die ihren Ausgang auf den Finanzmärkten genommen haben, sind erfahrungsgemäß langwierig. Die Europäische Kommission hatte nach Ausbruch der Krise schnell reagiert und auf der Grundlage des bestehenden Beihilfenrechts viele Stützungsmaßnahmen für die Finanz- und Realwirtschaft den Weg gebracht, die es den nationalen Regierungen erlaubt haben, Konjunkturpakete maßzuschneidern. Waren die Maßnahmen richtig und wirksam? Konnten Wettbewerbsverzerrungen weitgehend vermieden werden? Und welche Lehren lassen sich künftig aus den Ursachen und dem Umgang mit der Krise ziehen? Das Symposion hat sich in diesem Jahr diesen Fragen unter verschiedenen Blickwinkeln gestellt.
Werner Schnappauf verdeutlichte, dass die Finanz- und Wirtschaftskrise nicht als Indiz für ein Versagen der Sozialen Marktwirtschaft gewertet werden könne; zahlreiche Verstöße gegen marktwirtschaftliche Prinzipien hätten die Krise hingegen erst ins Leben gerufen. Darüber hinaus hätten sich im Finanzsektor „systemische Risiken“ verwirklicht, so Roman Inderst, die eine Reihe von Dominoeffekten ausgelöst hätten. Dies zwinge dazu, über eine adäquate Regulierung und Aufsicht nachzudenken. Andreas Mundt wies darauf hin, dass Verwerfungen in der Wirtschaft es nicht rechtfertigten, kartellrechtliche Vorschriften, und sei es auch nur kurzzeitig, außer Kraft zu setzen; auch dürften staatliche Unterstützungsmaßnahmen nicht länger als erforderlich aufrechterhalten werden, um das Wettbewerbsprinzip nicht zu gefährden.
Laut Ulrich Soltész hat die Europäische Kommission bei der Bewältigung der Bankenkrise eine einzigartige Leistung vollbracht. Die Grenzen ihres Mandats zum Schutz des Wettbewerbs seien bei der Neugestaltung weiter Teile des europäischen Bankensektors jedoch überschritten worden. Josef Ackermann erinnerte daran, dass die Krise ein internationales Ausmaß hatte und daher ein international abgestimmter Regulierungsrahmen für die Finanzmärkte unabdingbar sei.
Die Fusionskontrolle im Bankensektor in Deutschland ist von der Finanzkrise nicht vor neue Fragen gestellt worden (Silke Hossenfelder), und es musste kein „Krisensonderrecht“ geschaffen werden (Josef Lothar Schulte). Auf europäischer Ebene seien die Fusionsanmeldungen krisenbedingt stark rückläufig und weniger expansiv gewesen (Johannes Lübking)
Diskutiert wurde auch der beabsichtigte wettbewerbspolitische Kurs der Bundesregierung für die Zeit nach der Krise, wie er im Koalitionsvertrag der Regierungsparteien vom Oktober 2009 zum Ausdruck kam. Die geplante Einführung einer ausschließlich strukturbedingten, nicht als Sanktion für wettbewerbsbeschränkendes Verhalten gedachten Entflechtung wurde von den Vortragenden überwiegend abgelehnt. Unternehmen sollten keine kartellrechtliche Verantwortung für die Marktstruktur tragen (Horst Satzky). Nur wenige Entflechtungsverfahren hätten im internationalen Vergleich im Übrigen zu eine dauerhaften Verbesserung der Wettbewerbsstruktur herbeigeführt (Thomas Lübbig).
Das FIW freut sich, mit dem vorliegenden Band eine Situationsanalyse vorzustellen, die Denkanstöße geben möge, wie künftige Krisen des gegenwärtigen Ausmaßes von vorneherein verhindert werden können und welche Prinzipien zu Gebote stehen, neue Krisen zu meistern. Wir wünschen dem Band eine interessierte Aufnahme bei seinen Lesern.