Department for Business, Energy and Industrial Strategy (BEIS)
Beihilfenkontrolle
Subsidy Control Bill: newbook.book (parliament.uk)
Auslegungshilfe: newbook.book (parliament.uk)
Am 30. Juni 2021 hat die britische Regierung mit dem Subsidy Control Bill den Rahmen für ein neues Subventionskontrollsystem im Vereinigten Königreich (VK) in das Parlament eingebracht. Mit diesem Gesetzesvorschlag beabsichtigt sie, nach der mit dem Austritt des VK aus der EU verbundenen Abkehr vom EU-Beihilfenregime ein eigenes System für eine Beihilfenkontrolle zu verabschieden. Dieses System soll es ermöglichen, sich auf „wichtige inländische Prioritäten“ zu konzentrieren und die Regierungsagenda für Wirtschaftswachstum und grüne Industrieprojekte umzusetzen. Subventionen sollen dabei nach Angaben der britischen Regierung gerade auch auf die lokalen Bedürfnisse zugeschnitten werden können und nicht durch langwierige Genehmigungsprozesse aufgehalten werden.
Der Gesetzentwurf gibt den Behörden im VK, einschließlich der dezentralen Verwaltung, einen verpflichtenden Rahmen vor, nach welchem die Subventionsvergabe erfolgen soll. Er führt eine Reihe von Verboten ein, um zu verhindern, dass öffentliche Behörden Subventionen mit wettbewerbsverzerrenden oder schädlichen wirtschaftlichen Auswirkungen gewähren. Unter bestimmten Umständen sieht er aber auch Ausnahmen für die Subventionsgewährung vor. Es bleibt abzuwarten, ob der neue Regelungsrahmen letztlich zu einer höheren Subventionsgewährung im VK führen wird als dies nach den EU-Beihilfevorschriften möglich war. Nach Abschluss der Beratungen im britischen Parlament soll die Subsidy Control Bill voraussichtlich 2022 in Kraft treten.
Wesentlicher Inhalt des neuen britischen Beihilfenregimes:
Subventionsbegriff
Teil 1 definiert den Begriff „Subvention“ und andere in diesem Gesetz verwendete Schlüsselbegriffe.
Subventionskontrollvorschiften und spezifische Subventionsverbote
Teil 2 legt in Verbindung mit Anhang 1 Anforderungen fest, die für die Gewährung von Subventionen maßgeblich sind. Diese ähneln stark den in der EU-Beihilfekontrolle geltenden Prinzipien. So soll die Subvention ein Ziel von gemeinsamem Interesse ermöglichen und zur Erreichung dieses Ziels erforderlich und geeignet sowie verhältnismäßig sein. Genau wie im europäischen Recht werden das Vorhandensein eines Anreizeffektes geprüft und eine Abwägung zwischen den positiven Effekten und möglichen negativen Auswirkungen auf Wettbewerb und Handel vorgenommen. Für Umwelt- und Energiebeihilfen enthält Anlage 2 weitere spezifische Vorgaben.
Anders als in der EU, in der der Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union ein grundsätzliches Verbot staatlicher Beihilfen vorsieht, von dem Ausnahmen bestehen, lässt die Subsidy Control Bill Subventionen im VK, die den Subventionskontrollanforderungen entsprechen, grundsätzlich zu und verbietet nur die Gewährung einiger spezifischer Subventionen. Zum Beispiel werden Subventionen in Form von Garantien nur verboten, wenn sie der Höhe und der Dauer nach nicht begrenzt sind. Ausfuhrsubventionen sind verboten, die kurzfristige Exportkreditversicherung allerdings nicht. Subventionen, mit denen inländischen Waren oder Dienstleistungen der Vorrang vor eingeführten Waren oder Dienstleistungen eingeräumt wird, sind prinzipiell verboten, es sei denn sie beziehen sich auf den audiovisuellen Sektor. Verboten sind auch Subventionen zur örtlichen Verlagerung von Tätigkeiten (dies soll der Verlagerung von Arbeitsplätzen vorbeugen). Besondere Bedingungen gelten für Rettungs- und Umstrukturierungsbeihilfen, Versicherer, Fluglinien und Dienstleistungen von allgemeinem wirtschaftlichem Interesse.
Ausnahmen von den Subventionskontrollvorschriften
Teil 3 enthält wiederum Ausnahmen von den Subventionskontrollvorschriften. Ähnlich wie bei der de-minimis-Schwelle im EU dürfen einem Unternehmen im VK Beträge bis zu 315,000 GBP für einen bestimmten Zeitraum (der verstrichene Teil des laufenden Geschäftsjahres und die beiden Geschäftsjahre, die dem laufenden Geschäftsjahr unmittelbar vorausgehen) ohne Überprüfung der Subventionskontrollanforderungen gewährt werden. Dies ist allerdings nicht anwendbar für Ausfuhrsubventionen und zur Bevorzugung inländischer Waren und Dienstleistungen. Des Weiteren enthält Teil 3 noch Ausnahmen für Naturkatastrophen, nationale oder globale ökonomische Notlagen, Fragen der nationalen Sicherheit und andere außergewöhnliche Umstände und Notfälle.
Durchsetzungsbestimmungen
Teil 4 regelt die Aufgaben der Wettbewerbs- und Marktaufsichtsbehörde (CMA) in Bezug auf die Anwendung der Subventionskontrollvorschriften. Bei der CMA soll eine Subventionsberatungsstelle (Subsidy Advice Unit) eingerichtet werden. Teil 5 enthält Bestimmungen über die gerichtliche Durchsetzung der Subventionsentscheidungen. Anfechtungen von Subventionsentscheidungen sollen beim Competition Appeal Tribunal angesiedelt werden.
Hintergrund:
Die Wettbewerbsbedingungen einschließlich der Beihilfenkontrolle gehörten zu den umstrittensten Dossiers des zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich zum Austritt (Brexit) verhandelten Handels- und Kooperationsabkommens. Eine rechtliche Verpflichtung seitens des VK, gleichwertige Gesetzgebungssysteme wie die der EU beizubehalten und dynamische Angleichungen vorzunehmen, ließ sich nicht durchsetzen. Teil 2, Titel XI, Kapitel 3 des Abkommens umreißt Verpflichtungen bezüglich der Subventionsregulierung zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU. Es sieht vor, dass das VK ein wirksames System der Subventionskontrolle einrichten und aufrechterhalten muss, das sicherstellt, dass die Gewährung einer „Subvention“ diese Prinzipien respektiert. Die EU setzte auch einen Sanktionsmechanismus für Verstöße durch. Britische und europäische Unternehmen können nun vor den Gerichten der jeweils anderen Seite klagen, wenn sie unzulässige Staatshilfen vermuten. Regierungen können zudem einseitig Strafzölle verhängen bis Streitfragen vor einem Schiedsgericht geklärt sind (vgl. FIW-Bericht vom 19.01.2021).