Fordham Conference
Rede von Makan Delrahim:
https://www.justice.gov/atr/speeches
Rede von Johannes Laitenberger: http://ec.europa.eu/competition/speeches/text/sp2018_12_en.pdf
Rede von Maureen Ohlhausen: https://www.ftc.gov/system/files/documents/public_statements/1408329/09072018_posting_version_mko_fordham.pdf
Vom 6. bis zum 7. September fand in New York an der Fordham University die 45th Annual Fordham Conference on International Antitrust Law and Policy statt. Die diesjährigen Podiumsdiskussionen befassten sich u.a. mit den Themen Kartellrecht und Populismus, der globalen Durchsetzung von Unternehmensfusionen und mit zukünftige Herausforderungen im Wettbewerbsrecht. Die Hauptredner der Konferenz waren u.a. Makan Delrahim, Maureen Ohlhausen und Johannes Laitenberger.
Assistant Attorney General (AGG) Makan Delrahim über internationale Kooperationen und die Multilateral Framework on Procedure-Initiative (MFP)
In seiner Rede beschrieb der Assistent Attorney General der U.S.- amerikanischen Antitrust Divison des Justizministeriums (DOJ), Makan Delrahim, die zunehmend intensivere Zusammenarbeit von Wettbewerbsbehörden weltweit und gab Einblick in den Verhandlungsprozess der MFP-Initiative.
Zunächst skizzierte er, dass in den letzten Jahrzehnten die internationale Gemeinschaft der Kartellbehörden immer weiter zusammengewachsen sei. Dabei hob er vor allem die Gründung des International Competition Network (ICN) 2001 hervor. Das ICN biete Wettbewerbsbehörden weltweit ein informelles, projektorientiertes Netzwerk zur Intensivierung ihrer Zusammenarbeit in Fragen der Kartellrechtsanwendung und bestehe aus über 130 Mitgliedsbehörden.
Delrahim riet zu einem regelmäßigen Anpassen bestehender Regelungen an neue Entwicklungen in der Praxis. Auch wenn Stabilität und Vorhersehbarkeit in der Rechtsdurchsetzung sehr wichtig seien, müsse man sich immer wieder selbst fragen, ob und wie man diese noch effizienter gestalten könne, sagte er. Die Kooperation mit anderen Wettbewerbsbehörden inspiriere auch die U.S.-amerikanische Wettbewerbspolitik. So habe man erst 2017 eigene Leitlinien an eine Praxis angepasst, in der Kooperationen in Fällen und Diskussionen über Strategien nahezu täglich stattfänden. Ferner berichtete Delrahim über die vom DOJ initiierte Initiative, ein multilaterales Rahmenabkommen für Wettbewerbsverfahren (Multilateral Framework on Procedure, MFP) in Kraft zu setzen. Das Abkommen würde die beteiligten Wettbewerbsbehörden zur Einhaltung grundlegender Verfahrensnormen (due process) verpflichten. Man habe sich im Vorfeld mit vielen anderen Wettbewerbsbehörden ausgetauscht, um einen Textentwurf zur MFP-Initiative zu besprechen und festgestellt, dass die konsensuellen Bereiche trotz unterschiedlicher Rechtstraditionen überwögen. Zu guter Letzt hob Delrahim die Bedeutung eines transparenten und fairen Entscheidungsprozesses hervor: „Indem wir uns verpflichten, Parteien Zugang zu Beweismaterial, transparenten Entscheidungen und gerichtlicher Überprüfung zu verschaffen (…) werden wir dazu beitragen, dass unsere Prozesse und Entscheidungen respektiert werden. Ein eindeutiges öffentliches Bekenntnis zu diesen Prinzipien wird unseren eigenen Bürgern und denen anderer Länder zeigen, dass wir mit höchster Integrität handeln (übersetzt).“ Delrahim hob hervor, dass sich die Wettbewerbsbehörden der beteiligten Länder auf folgende Prinzipien verständigen sollten: Nichtdiskriminierung, Transparenz, Schnelligkeit der Verfahren, Vertraulichkeit, Lösung von Interessenskonflikten, ordnungsgemäße Benachrichtigung, Gelegenheit zur Verteidigung, Zugang zu Rechtsberatung und gerichtliche Überprüfung.
[Anm.: Das Rahmenabkommen sollte ursprünglich anlässlich der Fordham-Konferenz veröffentlicht werden. Die Europäische Kommission und das Bundeskartellamt stehen der Initiative skeptisch gegenüber].
Johannes Laitenberger über internationale Zusammenarbeit und digitale Märkte
Johannes Laitenberger, Generaldirektor der EU-Generaldirektion Wettbewerb, sprach in seiner Rede über die Durchsetzung von EU-Regelungen im Wettbewerbsrecht, insbesondere auf digitalen Märkten.
Konvergenz und Kooperation in der globalisierten Wirtschaft
Laitenberger plädierte für mehr Konvergenz und Kooperation auf internationalen Märkten. Deren Bedeutung veranschaulichte er am Beispiel der engen Verflechtung der europäischen und amerikanischen Wirtschaft, die als „Transatlantische Ökonomie“ bezeichnet werden könne. Konvergenz basiere auf offenen, kompatiblen Märkten. In diesem Zusammenhang betonte Laitenberger die Bedeutsamkeit der Zusammenarbeit der Wettbewerbsbehörden in bilateralen und multilateralen Abkommen. Gerade im Kontext der zunehmenden protektionistischen Handelspolitiken seien insbesondere die Wettbewerbsbehörden gefordert, das offene, regelbasierte System zu verteidigen, das in den vergangenen Jahrzehnten das globale Wirtschaftswachstum gesichert habe. Ein Beispiel dafür seien die geplanten Kooperationsabkommen zweiter Generation mit Kanada und Südkorea, die es unter bestimmten Voraussetzungen den Behörden erlaubten, auch vertrauliche Informationen auszutauschen, ohne dass eine schriftliche Zustimmung der betroffenen Parteien vorliege.
Wie Delrahim ging auch Laitenberger auf die U.S.-amerikanische Initiative für ein multilaterales Rahmenabkommen für Wettbewerbsverfahren ein. Die EU-Kommission beteilige sich mit den europäischen Kartellämtern an Gesprächen mit der DOJ hierzu. Laitenberger sagte (übersetzt): „Die weltweite verfahrensrechtliche Konvergenz spielt eine wichtige Rolle, um sicherzustellen, dass die Wettbewerbsbehörden bei Wettbewerbsproblemen, die Verbraucher und Märkte auf der ganzen Welt betreffen, effektiv zusammenarbeiten und gewährleistet für die Unternehmen einen angemessenen Prozess und Rechtssicherheit.“ Allerdings verwies Laitenberger auf das ICN und das OECD-Wettbewerbskommittee, die sich bereits mit dem Thema beschäftigten und erst jüngst zwei Projekte zu dem Thema angeschoben hätten. Er betonte, die Herstellung von Konvergenz sei zwar wichtig, doch sei man sich bei den Details noch nicht einig. Zu breit angelegte Prinzipien könnten faktische Komplexitäten und Werturteile in bestimmten Fällen – ganz zu schweigen von materiellen Unterschieden in den jeweiligen Märkten – verdecken.
Digital- und Innovationsmärkte
Laitenberger beschrieb einige strukturelle Eigenschaften von digitalen Märkten, warnte aber zugleich vor einer Generalisierung (übersetzt): „In den digitalen Märkten beobachten wir oft, dass Innovation eine entscheidende Rolle spielt. Wir sehen häufig Netzwerkeffekte mit den damit verbundenen hohen Wechselkosten, vielseitige Märkte und starke Verbindungen zwischen benachbarten Märkten. Schließlich – das ist eine allgemeine Beobachtung – sind digitale Märkte Orte, an denen Unternehmen sehr schnell wachsen können.“ Das allein löse zwar keine wettbewerblichen Bedenken aus, so Laitenberger, doch könne es für ein Unternehmen verlockend werden, seine Marktposition zu manifestieren, von Winner-takes-all-Effekten zu profitieren und seine Dominanz auf benachbarte Märkte auszuweiten. Diese Verhaltensweisen, die Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken gäben, erforderten ein Eingreifen der Wettbewerbsbehörden. Dabei würde das allgemeine Wettbewerbsrecht auf die individuellen Fallbefunde angewendet, spezielle Vorschriften für digitale Märkte gebe es nicht. Abschließend wies Laitenberger auf eine Brüsseler Konferenz im Januar 2019 zu den Themen Daten, Privatsphäre, Plattformen und Innovation hin.
Maureen K. Ohlhausens Reflektion über die jüngsten Aktivitäten der Federal Trade Commission (FTC)
FTC-Commissioner Ohlhausens berichtete in ihrer Rede über die jüngsten FTC-Aktivitäten. Die FTC ist zuständig für Fusionskontrollen, das Abstellen wettbewerbswidrigen Verhaltens und die Förderung des Verbraucherschutzes in den USA.
Ohlhausen ging zunächst auf das Thema der beruflichen Lizensierung ein. Übermäßige berufliche Lizensierung sei in den USA, allerdings auch darüber hinaus, ein großes Problem. Ohlhausen führte an, sie selbst habe eine Initiative in den USA geleitet, die dazu beigetragen habe, unnötige oder übermäßige Berufszugangsbeschränkungen aufzudecken.
Weiter beschrieb sie die internationale Zusammenarbeit der FTC in bilateralen Abkommen und in multilateralen Zusammenschlüssen wie im ICN und in der OECD. „An all diesen Fronten haben wir auf mehr Konvergenz, Transparenz und einen fairen Prozess rund um den Globus gedrängt (übersetzt)“, so Ohlhausen. Da der globale Handel immer mehr globale Märkte hervorgebracht habe, konzentriere die FTC sich nicht nur auf die territoriale Durchsetzung des Schutzes geistigen Eigentums und des Wettbewerbs, sondern auch auf die extraterritoriale Durchsetzung. Sie hob die Bedeutung der politischen Neutralität der FTC hervor. Hauptziel des Wettbewerbsrechts sei Verbraucherschutz. Politische Einflussnahme auf das Wettbewerbsrecht unterminiere das öffentliche Vertrauen und schade der Kontinuität. Eingriffe der Wettbewerbsbehörden müssten stets wirtschaftswissenschaftlich fundiert sein.
Über ihre Amtszeit resümierte Ohlhausen wie folgt (übersetzt): „Die FTC verfolgte während meiner Amtszeit als amtierende Vorsitzende eine durchschlagende Durchsetzungsagenda. Wir haben eine vernünftige, ausgewogene Zusammenschlusskontrolle durchgeführt, die tief in der modernen Wirtschaftstheorie verankert ist. Wir haben zudem Kartellrechtsfälle untersucht, versucht, die wirtschaftliche Freiheit zu fördern, und uns an der Durchsetzung des Verbraucherschutzes beteiligt.“