Bundesregierung
Koalitionsvertrag
Wettbewerbsrecht
Die Parteiführungen von CDU, CSU und SPD haben sich auf den Koalitionsvertrag „Ein neuer Aufbruch für Europa. Eine neue Dynamik für Deutschland. Ein neuer Zusammenhalt für unser Land“ vom 07.02.2018 verständigt. CSU und CDU haben sich auf Parteitagen am 08.02.2018 bzw. 26.02.2018 für den Koalitionsvertrag ausgesprochen. Nachdem auch die SPD-Basis in einer Mitgliederbefragung dem Koalitionsvertrag zugestimmt hat, gilt dieser mit seiner Unterzeichnung am 12.03.2018 für die 19. Legislaturperiode. Auf insgesamt 177 Seiten finden sich allerdings nur wenige Festlegungen zum Wettbewerbsrecht.
Im Einzelnen finden sich im Kapitel „Wettbewerbsfähige Wirtschaft“ und „Digitalisierung“ folgende Aussagen zum Wettbewerbsrecht:
„Dort, wo erforderlich, werden wir das Kartellrecht modernisieren, um exzellente regulatorische Rahmenbedingungen für die deutsche und europäische Digitalwirtschaft zu schaffen. Dazu gehören auch die Verfahrensbeschleunigung und eine Neufassung der Marktabgrenzung, um der Entwicklung der Plattformökonomie Rechnung zu tragen und die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft sicherzustellen. Dazu werden wir die Marktbeobachtung verstärken und durch spezialisiertes Personal intensivieren. Unser Ziel sind starke deutsche und europäische Akteure der Plattformökonomie, deshalb wollen wir vorhandene Hemmnisse abbauen. Wir setzen uns für ein level playing field ein, dazu gehören auch die Rechte von Beschäftigten und Verbrauchern. Dazu werden wir die Mitwirkung der Plattformen einfordern.“
„Wir brauchen eine Modernisierung des Kartellrechts in Bezug auf die Digitalisierung und Globalisierung der Wirtschaftswelt. Wir wollen das Wettbewerbsrecht für digitale Geschäftsmodelle ergänzen. Wir wollen die Verfahren im allgemeinen Wettbewerbsrecht spürbar beschleunigen, ohne dabei rechtsstaatliche Garantien einzuschränken. Ein wichtiger Schritt sollte dabei die Stärkung des Instrumentariums der einstweiligen Maßnahmen sein. Für die Wettbewerbsbehörde soll ein vorläufiges Einschreiten schon vor Abschluss des Hauptsacheverfahrens erleichtert werden, damit irreparable Schäden für den Wettbewerb wirksam verhindert werden. Wir benötigen neben dem allgemeinen Wettbewerbsrecht eine kompetentere und aktivere systematische Marktbeobachtung. Die Wettbewerbsbehörde muss Missbrauch von Marktmacht vor allem auf sich schnell verändernden Märkten zügig und effektiv abstellen können. Dazu werden wir die wettbewerbsbehördliche Aufsicht weiterentwickeln, insbesondere im Hinblick auf Missbräuche von Plattformunternehmen.
Gleichzeitig wollen wir im Wettbewerbsrecht alle Voraussetzungen dafür schaffen, in Deutschland und Europa die Entstehung von Digitalkonzernen zu ermöglichen, die international eine wettbewerbsfähige Größe erreichen. Um Eckpunkte für entsprechende Reformen zu entwickeln, setzen wir eine Kommission „Wettbewerbsrecht 4.0″ ein. Wir streben die Harmonisierung und Zusammenführung der rechtlichen Grundlagen im Digitalbereich an.“
Hintergrund:
Bereits in den Sondierungsgesprächen war eine Modernisierung des Kartellrechts in Bezug auf die Digitalisierung und Globalisierung der Wirtschaftswelt gefordert worden. Nun ist die „Modernisierung“ dahingehend konkretisiert worden, dass – mit Blick auf die Entwicklung der Plattformökonomie – zumindest die kartellrechtlichen Verfahren beschleunigt und eine Änderung bei der Marktabgrenzung eingeführt werden sollen. Diese Petita gehen auf die Anregungen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) im Weißbuch Digitale Plattformen vom März 2017 zurück. Mit diesem Weißbuch hatte das BMWi eine Diskussion über die Notwendigkeit der Anpassung des Ordnungsrahmens für digitale Plattformen angestoßen (vgl. FIW-Bericht vom 21.03.2017).Ferner plant die EU Kommission zum April 2018 die Vorlage eines Verordnungsvorschlags zur Regulierung von Plattformen im Verhältnis Plattform-zu-Unternehmen (P2B). Der Vorschlag richtet sich an die P2B- Beziehung mit Blick auf Unternehmen, die eine Plattform nutzen, um Geschäfte mit Verbrauchern zu schließen. Ziel ist insbesondere, durch mehr Transparenz im Verhältnis Anbieter zu Plattform (z. B. Ratings, Änderungen der allgemeinen Geschäftsbedingungen) letztlich auch den Verbraucherschutz zu stärken. Im Rahmen dieser ersten Vorstöße und darüber hinaus wird die Diskussion um die Rolle von Plattformen und der Plattformökonomie als Ganzes für den Wirtschaftsraum Europa in nächsten Jahren intensiv weitergehen.